Aufklärungspflichtverletzung bei mehreren zur Wahl stehenden Operationsmethoden?

Schadenersatzrecht
März 2022

Unter dem Überbegriff Arzthaftung wird insbesondere die Haftung von Ärzten sowie Rechtsträgern von Krankenanstalten für Schäden, die Patienten in Zusammenhang mit deren Gesundheitsbehandlung entstanden sind, verstanden. Die Arzthaftung im engeren Sinn umfasst einerseits die Haftung wegen Behandlungsfehlern und andererseits die Haftung aus Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht.

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin litt an einem Bandscheibenvorfall und suchte daher einen Wahlarzt, welcher auch Primar in einer Krankenanstalt war, auf. Beim ersten Beratungsgespräch wurde die Klägerin über den Eingriff aufgeklärt und ein Operationstermin fixiert. Der Primar stellte in dem ersten Gespräch klar, dass der Eingriff nicht von ihm persönlich, sondern von einem bei der beklagten Krankenanstalt angestellten Arzt durchgeführt werden wird. Bandscheibenoperationen wie die Gegenständliche können als offene oder als endoskopische, d.h. mittels einer Kamera, Operation durchgeführt werden. Nachdem die Klägerin beim Erstgespräch die Aufklärungsunterlagen unterzeichnete, ist offengeblieben, welche Art des Eingriffes durchgeführt werden soll. Auf den Aufklärungsunterlagen vermerkte der Primar jedoch im Beisein der Klägerin, dass eventuell ein endoskopischer Eingriff durchgeführt werden soll.

Die Operation wurde sodann endoskopisch von einem Arzt durchgeführt, welcher über viel Erfahrung mit offenen Bandscheibenoperationen und über die entsprechende Ausbildung für endoskopische Eingriffe verfügte.

Die Klägerin litt nach der Operation an einer Lähmung am rechten Bein sowie an starken Schmerzen, wobei durch eine weitere Operation eine deutliche Besserung der Lähmungserscheinungen erzielt werden konnte. Der beklagten Partei wirft die Klägerin eine Aufklärungspflichtverletzung vor und begehrt insgesamt € 79.471,62 an Schadenersatz.

Das Erstgericht sprach der Klägerin den Großteil des begehrten Schadenersatzes zu und stellte die Haftung der beklagten Partei für zukünftige Schäden fest. Das Berufungsgericht hob die Entscheidung betreffend einen Teil des Zuspruches auf und verwies die Rechtssache betreffend diesen Teil an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zurück. Der restliche Teil wurde vom Berufungsgericht mittels Teilurteil abgewiesen.

Der in weiterer Folge angerufene OGH führte in seiner Entscheidungsbegründung aus, dass der Arzt einen Patienten über mehrere zur Wahl stehende Verfahren soweit informieren müsse, sodass diesem eine selbstbestimmte Entscheidung möglich ist. Im vorliegenden Fall hatte die endoskopische Methode eher Vorteile gegenüber der offenen Operationsmethode. Der OGH hat geht davon aus, dass die Klägerin sowohl in die offene als auch in die endoskopische Operationsmethode eingewilligt hatte, zumal ihr beide Operationsmethoden bekanntgegeben wurden und sie zu keiner Zeit eine Präferenz zu einer Methode äußerte. Zusammengefasst gelangte der OGH daher zu dem Ergebnis, dass die Klägerin dem konkret vorgenommenen Eingriff zugestimmt hat, weshalb keine Verletzung der Aufklärungspflichtverletzung zu verneinen ist.