Ex-Frau kann Besuch durch neue Lebensgefährtin nicht verhindern

Mai 2018

Gemäß § 97 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) ist der über eine Wohnung verfügungsberechtigte Ehegatte verpflichtet, alles zu unterlassen und vorzukehren, dass der auf die Wohnung angewiesene andere Ehegatte diese nicht verliert, sofern die Wohnung der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient. Der Anspruch des wohnungsbedürftigen Ehegatten gemäß § 97 ABGB ist grundsätzlich auf die Dauer der Ehe beschränkt, jedoch besteht dieser Anspruch nach Ehescheidung fort, wenn rechtzeitig ein Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gestellt wird.

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Ehe zwischen der Klägerin und ihrem Ex-Ehegatten wurde rechtskräftig geschieden. Eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse erfolgte (noch) nicht, jedoch war zum Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses die Frist zur Einbringung des Aufteilungsantrages noch offen. Sowohl die Klägerin, als auch ihr Ex-Ehegatte leben weiter in der früheren Ehewohnung, deren Hauptmieter der Ex-Ehegatte ist. Während der Zeit, zu der sich die Klägerin an ihrem Arbeitsplatz befindet, hält sich häufig die beklagte Lebensgefährtin des Ex-Ehegatten in der Wohnung auf. Die Klägerin begehrt daher von der Lebensgefährtin des Ex-Ehegatten die Unterlassung des Betretens der Wohnung.

Sämtliche Instanzen wiesen das Klagebegehren ab. Der OGH führt in seiner Entscheidung begründend aus, dass § 97 ABGB dem berechtigten Ehegatten den räumlichen Lebensbereich erhalten solle, der ihm bisher zur Deckung der den Lebensverhältnissen der Ehegatten entsprechenden Bedürfnisse diente und den er weiter benötigt. Der über die Wohnung Verfügungsberechtigte habe in Erfüllung seiner Beistandspflichten auch jede einseitige rechtliche oder tatsächliche Veränderung zu unterlassen, die dem auf die Wohnung angewiesenen Ehegatten die Voraussetzungen der Wohnungsnutzung erschwert. Was das Empfangen von Besuchen betreffe, so sei dieses aus dem familienrechtlichen Mitbenützungsrecht an der Wohnung heraus zulässig; dieses Recht finde aber darin seine Grenze, dass diese Besuche die häusliche Ordnung nicht stören dürfen. So habe der OGH in einem anderen Fall die eigenmächtige dauerhafte Aufnahme der Schwiegermutter in die Ehewohnung als rechtswidrig beurteilt. Da im vorliegenden Fall die Klägerin jedoch selbst vorgebracht habe, dass sich die Beklagte insbesondere während der Zeit, zu der sich die Klägerin an ihrem Arbeitsplatz befinde, in der Wohnung aufhalte, liegt nach Ansicht des OGH hier kein Fall von Handlungen oder Unterlassungen vor, die zum Verlust der Wohnung für die Klägerin führen könnten. Das bloße Besuchen des Ex-Ehegatten in der von diesem gemieteten Wohnung könne mit den oben dargestellten Entziehungshandlungen nicht gleichgesetzt werden.