Geländewagen – die Pferdekarren des 21. Jahrhunderts

Oktober 2013

Ein Thema, welches insbesondere im ländlichen Bereich häufig die Gerichte beschäftigt, betrifft die Frage der unzulässigen Ausdehnung von Grunddienstbarkeiten, etwa der Dienstbarkeit des Fahrweges. Diese Dienstbarkeiten sind grundsätzlich im Grundbuch ob dem belasteten Grundstück eingetragen und berechtigen zumeist den Eigentümer eines anderen Grundstücks. Eine einseitige Löschung der Dienstbarkeit durch den belasteten Grundeigentümer ist nicht möglich, sondern setzt entweder die Zustimmung des Dienstbarkeitsberechtigten oder die Nichtausübung der Dienstbarkeit über einen bestimmten Zeitraum voraus. Oftmals wurden solche Dienstbarkeiten im Grundbuch eingetragen, als noch die Großväter der nunmehrigen Eigentümer Grundeigentümer waren. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Fahrrecht häufig noch mit Pferdekarren ausgeübt. Da Dienstbarkeiten nicht bzw. nur geringfügig – in bestimmten Grenzen – ausgedehnt werden dürfen, stellt sich die Frage, ob es sich um eine unzulässige Ausdehnung des Fahrrechtes handelt, wenn dieses nunmehr mit Geländefahrzeugen, anstelle von Pferdekarren, ausgeübt wird. Mit dieser Frage hat sich kürzlich der Oberste Gerichtshof (OGH) beschäftigt. Dieser hat zunächst auf seine ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach Grunddienstbarkeiten zwar nicht ausgedehnt werden dürfen, diese aber an die fortschreitende technische Entwicklung angepasst werden können. Wurde die Dienstbarkeit des Fahrweges beispielsweise für landwirtschaftliche Fuhren eingeräumt, welche ursprünglich mit Pferdefuhrwerken durchgeführt wurden, so darf der berechtigte Grundeigentümer diese Fuhren auch mit Traktoren oder Geländefahrzeugen durchführen, weil dem Landwirt nicht zugemutet werden kann, den landwirtschaftlichen Betrieb auf eine veraltete und unrationelle Weise zu führen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Interessen des belasteten und des berechtigten Grundeigentümers in einem angemessen Verhältnis stehen und jedenfalls keine erhebliche Mehrbelastung des belasteten Grundstücks entstehen darf. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hängt jedoch von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (veröffentlicht in der Rundschau Landeck, Ausgabe vom 16./17. Oktober 2013).