Haftung des Fahrlehrers für Sturz des Fahrschülers

August 2017

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger, der Inhaber eines B-Führerscheins ist, suchte die Fahrschule des Beklagten auf, um den Führerschein für Motorräder bis 125 ccm zu erwerben. Am Tag der praktischen Ausbildung übte der Kläger unter Aufsicht des Beklagten zunächst mit einem Motorrad mit 250 ccm. Im Lauf der dritten Übungsstunde fragte der Kläger den Beklagten, ob er mit der größeren Maschine mit 650 ccm fahren dürfe, was ihm der Beklagte auch gestattete. In weiterer Folge stürzte der Kläger in der fünften Übungsstunde bei einer Kurvenfahrt, wobei er schwer verletzt wurde. Der Kläger brachte daraufhin eine Schadenersatzklage (wegen Schmerzengeld, Verdienstentgang, Heilbehandlungskosten, etc.) gegen den Beklagten ein. Während das Erstgericht dem Klagebegehren stattgab und das Berufungsgericht die Klage abwies, ging der OGH von einem gleichteiligen Verschulden der Streitparteien aus, wobei der OGH seine Entscheidung wie folgt begründet:

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten sei ein entgeltlicher Vertrag zustande gekommen, der abgesehen von der Hauptleistung (Ausbildung im Motorradfahren) auch nebenvertragliche wechselseitige Schutz- und Sorgfaltspflichten mit sich bringt. Dem Beklagten sei vorwerfbar, dass er den Kläger länger als vier Stunden üben ließ, obwohl nach den getroffenen Feststellungen allgemein bekannt sei, dass nach über vier Stunden der praktischen Ausbildung bei Fahranfängern wie dem Kläger Ermüdungserscheinungen und damit die erhöhte Gefahr von unfallverursachenden Fahrfehlern auftreten, was auch dem Beklagten klar sein hätte müssen. Dazu komme, dass der Kläger mit Zustimmung des Beklagten ein schwereres und gefährlicheres Motorrad, als dies für die angestrebte Lenkberechtigung notwendig ist, gelenkt hat, was die Gefahr eines Unfalles weiter erhöht habe. Der Beklagte hätte daher die praktischen Übungen nach vier Stunden beenden müssen.

Ungeachtet dessen treffe auch den Beklagten ein Mitverschulden. Zwar begründe der unfallkausale Fahrfehler an sich kein Mitverschulden, weil der Kläger als Fahrschüler erst die Fahrkenntnisse erwerben müsse, jedoch wäre auch der Kläger als erwachsener Lenker gegenüber dem Beklagten verpflichtet gewesen, diesem seine Ermüdung mitzuteilen und den praktischen Unterricht zu beenden, wodurch der Unfall ebenfalls nicht passiert wäre. Wägt man das Verschulden beider Streitteile ab, so sei ein gleichteiliges Verschulden angemessen.