Haftung für erschrockenes Pferd

Juli 2016


Wird jemand durch ein Tier geschädigt, ist derjenige dafür verantwortlich, der es angetrieben, gereizt oder nicht ausreichend verwahrt hat. Stellt ein Tier eine Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit von Menschen dar, muss die geforderte Verwahrung des Tiers durch Einzäunen, Anketten, Anlegen eines Maulkorbes oder Führen an der Leine als eine durchaus zumutbare Maßnahme anerkannt werden. Die Rechtsprechung betont aber auch, dass das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Verwahrung nicht überspannt werden darf. Es kann vom Tierhalter nicht eine Verwahrung von in der Regel gutmütigen und ungefährlichen Haustieren verlangt werden, die jede nur denkbare Beschädigung mit Sicherheit ausschließt, sondern es müssen jene Vorkehrungen als genügend angesehen werden, die vom Tierhalter unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des Tieres billigerweise erwarten werden können.

Das Beaufsichtigen eines Pferdes durch Halten des Führstrickes ist grundsätzlich keine ausreichende Verwahrung, wie der Oberste Gerichtshof (OGH) kürzlich entschieden hat:

Die beklagte Pferdehalterin hielt sich mit ihrem Pferd „Arabella“ auf einer nicht eingezäunten Wiese und stand den Führstrick haltend etwa 1,2 m von Arabella entfernt, als sich diese erschreckte. Das den Pferden als Fluchttieren eigene instinktive Verhalten ließ Arabella ausbrechen und Richtung Stall laufen, welcher sich gegenüber einem Verkehrsweg befindet. Auf dem Verkehrsweg näherte sich zur selben Zeit ein Mopedlenker, mit welchem das Pferd kollidierte. Nach den getroffenen Feststellungen ist ein Zurückhalten eines durchgehenden Pferdes nicht möglich, egal ob das Pferd mit Halfter und Führstrick oder mit Zaumzeug geführt wird.

Der OGH führte in seiner Entscheidung aus, dass aufgrund des unberechenbaren Verhaltens von Pferden als Fluchttieren Pferde nicht als ungefährliche Haustiere angesehen werden können. Nach Ansicht des OGH ändert sich daran auch nichts, dass das gegenständliche Pferd bis zum Unfall keine Untugenden zeigte und sich auch bei Trubel ruhig und unproblematisch verhielt. Da das Ausbrechen eines Pferdes niemals ausgeschlossen werden könne und ein Zurückhalten eines durchgehenden Pferdes nicht möglich sei, habe die Beklagte Arabella unzureichend beaufsichtigt. Vielmehr wäre eine ausreichende Umzäunung der Wiese erforderlich gewesen. Die Beklagte hat dem Kläger daher den ihm entstandenen Schaden (Schmerzengeld, Reparaturkosten, etc.) zu ersetzen.