Kein Urheberrechtsschutz für Geschmack

Urheber- und Markenrecht
November 2018


Gemäß § 1 Abs 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) sind „Werke“ im Sinne dieses Gesetzes eigentümliche geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst.

Nach einer kürzlich vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschiedenen Rechtssache impliziert der Begriff „Werk“ notwendigerweise eine Ausdrucksform des urheberrechtlichen Schutzobjektes, die es mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbar werden lässt, auch wenn diese Ausdrucksform nicht notwendigerweise dauerhaft sein sollte.

Zum einen müssen nämlich die Behörden, die mit dem Urheberrechtsschutz betraut sind, die geschützten Objekte klar und genau erkennen können. Dasselbe gilt für Privatpersonen, insbesondere Wirtschaftsteilnehmer, die mit Klarheit und Genauigkeit die Objekte identifizieren können müssen, die zugunsten von Dritten, insbesondere Wettbewerbern, geschützt sind. Zum anderen impliziert das Erfordernis des Ausschlusses jedes – der Rechtssicherheit schädlichen – subjektiven Elements bei der Identifizierung des geschützten Objektes, dass dieses Gegenstand eines präzisen und objektiven Ausdrucks sein kann.

An der Möglichkeit einer präzisen und objektiven Identifizierung fehlt es aber im Fall des Geschmacks eines Lebensmittels. Im Unterschied etwa zu einem literarischen, bildnerischen, filmischen oder musikalischen Werk beruht die Identifizierung des Geschmacks eines Lebensmittels nämlich im Wesentlichen auf Geschmacksempfindungen und -erfahrungen, die subjektiv und veränderlich sind, da sie u.a. von Faktoren abhängen, die mit der Person verbunden sind, die das betreffende Erzeugnis kostet, wie etwa deren Alter, Ernährungsvorlieben und Konsumgewohnheiten, sowie von der Umwelt oder dem Kontext, in dem das Erzeugnis gekostet wird.

Mit technischen Mitteln ist beim gegenwärtigen Stand der Wissenschaft eine genaue und objektive Identifizierung des Geschmacks eines Lebensmittels nicht möglich, die es erlaubte, ihn vom Geschmack anderer gleichartiger Erzeugnisse zu unterscheiden. Der Geschmack eines Lebensmittels ist daher nach Ansicht des EuGH nicht als „Werk“ einzustufen.