(Keine) Haftung des Fahrzeughalters bei Schwarzfahrt

August 2017


Gemäß § 6 Abs 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) haftet jemand, der das Fahrzeug ohne den Willen des Halters benutzt hat („Schwarzfahrer“) an Stelle des Halters für den Ersatz des Schadens. Die Haftung des Halters für den Ersatz des Schadens bleibt dann neben der Haftung des „Schwarzfahrers“ bestehen, wenn der Halter die Benutzung des Fahrzeuges durch sein Verschulden ermöglicht hat.

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Die erstbeklagte Fahrzeuglenkerin, welche über keine Lenkberechtigung verfügt, und die zweitbeklagte Fahrzeughalterin befinden sich in aufrechter Lebensbeziehung, wobei keine Wohnungsgemeinschaft besteht. Am Tag des Unfalls ist es in der Wohnung der Zweitbeklagten zu einem Streit gekommen. Die Erstbeklagte verließ daraufhin die Wohnung und entwendete der Zweitbeklagten unbemerkt den Fahrzeugschlüssel. Anschließend unternahm Sie ohne Wissen der Zweitbeklagten eine „Schwarzfahrt“ und verschuldete einen Unfall. Der geschädigte Unfallgegner brachte daraufhin eine Klage gegen die erstbeklagte Lenkerin, die zweitbeklagte Halterin und die drittbeklagte Haftpflichtversicherung ein. Der OGH wies das Klagebegehren gegenüber der Halterin und der Haftpflichtversicherung ab und begründete seine Entscheidung wie folgt:

In der Frage, ob ein Fahrzeughalter die „Schwarzfahrt“ schuldhaft ermöglicht hat, werde von der Rechtsprechung ein strenger Standpunkt eingenommen. Ein besonders hohes Maß an Sorgfalt und Voraussicht müsse insbesondere dann verlangt werden, wenn mit der Möglichkeit einer Schwarzfahrt durch Personen gerechnet werden muss, die mit dem Fahrzeughalter in einer besonderen, eine solche Fahrt erleichternden Beziehung stehen. Dennoch dürfe die Pflicht des Fahrzeughalters zur Sicherung des Fahrzeuges gegen die unbefugte Inbetriebnahme nicht überspannt werden. Sicherungsmaßnahmen müssen nicht nur möglich und zumutbar, sondern auch als erforderlich erkennbar sein. Da die Fahrzeuglenkerin nach den getroffenen Feststellungen nicht bei der Zweitbeklagten wohnte, sondern dort (nur) Besucherin war und keine Verdachtsmomente, wie ein geäußertes Interesse am Lenken des Fahrzeuges, Versuche zu solchen Handlungen in der Vergangenheit, offenbare „Autoleidenschaft“ oder ähnliches vorgelegen sind, seien besondere Sicherungsmaßnahmen nicht erforderlich gewesen. Im vorliegenden Fall haftet daher weder die Fahrzeughalterin, noch die Haftpflichtversicherung für den von der „Schwarzfahrerin“ verursachten Unfall.