Klimaanlagen in Wohnungen verkehrsüblich?

Liegenschaftsrecht Allgemeines Zivilrecht
September 2021


Gemäß § 9 Abs 1 Mietrechtsgesetz (MRG) darf der Vermieter seine Zustimmung zu einer vom Mieter beabsichtigten wesentlichen Veränderung (Verbesserung) nicht verweigern, wenn „die Veränderung der Übung des Verkehrs entspricht und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dient“ (Z 2). Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Antragsgegnerin ist die Vermieterin der von den Antragstellern gemieteten Wohnung, die im 4. Stock des Hauses, unmittelbar unterhalb des Flachdachs liegt. Zur Beschattung ihrer Wohnung stehen den Antragstellern ein Sonnensegel am Balkon sowie Außenjalousien an den Fenstern zur Verfügung. Trotz dieser Vorrichtungen und Querdurchlüftungsmaßnahmen kommt es während der Sommermonate zwei bis drei Mal pro Woche vor, dass die Raumtemperatur in der Nacht nicht unter 29° C sinkt. In solchen Nächten finden die berufstätigen Antragsteller keinen erholsamen Schlaf. Innerhalb eines Radius von 700 m sind an manchen Häusern Klimaanlagen zu sehen, die zum Teil aber der Kühlung von Geschäftsräumlichkeiten dienen.

Da sich die Vermieterin weigerte, den Mietern ihre Zustimmung zur Installation der Klimaanlage zu erteilen, begehrten die Mieter, die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Installation der Klimaanlage (gerichtlich) zu ersetzen. Es sei geplant, die notwendige Leitungsführung für das Klimaaußengerät im vorhandenen Leitungsschacht unterzubringen, sodass ein Durchbohren der Außenhaut nicht erforderlich wäre. Eine solche Veränderung entspreche der Übung des Verkehrs; in der näheren Umgebung des Hauses seien bereits mehrere Klimaanlagen installiert. Die Errichtung einer Klimaanlage diene auch einem wichtigen Interesse, weil eine solche Einrichtung zunehmend dem Wohnstandard entspräche, ohne die in den Sommermonaten kein erholsamer Schlaf möglich sei. Die Antragsgegnerin wendete ein, der Einbau einer Klimaanlage begründe eine Luxusausstattung und entspreche nicht der Übung des Verkehrs.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Antragsteller Folge, hob den Sachbeschluss des Erstgerichts auf und verwies die Sache an dieses zur Ergänzung des Verfahrens zurück. Aufgrund des Revisionsrekurses (= weiteres Rechtsmittel an den OGH) der Antragsgegnerin führte der OGH aus, dass nach § 9 Abs 1 MRG die Genehmigung einer vom Mieter geplanten wesentlichen Veränderung des Mietgegenstandes unter anderem erfordere, dass diese Veränderung der Übung des Verkehrs entspricht und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dient (§ 9 Abs 1 Z 2 MRG). Die Frage, ob eine vom Mieter beabsichtigte Veränderung der Übung des Verkehrs entspricht, richte sich nach objektiven Umständen; auf persönliche Bedürfnisse des Mieters komme es dabei nicht an.

Da die von den Antragstellern geplante Maßnahme die Installation des Außengerätes der Klimaanlage auf dem Flachdach des Hauses und damit die Inanspruchnahme von nicht zum Mietgegenstand gehörenden (allgemeinen) Teilen des Hauses vorsehe, sei bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 2 MRG ein strenger Maßstab anzulegen. Vor diesem Hintergrund könne aus der allgemeinen Lebenserfahrung keineswegs auf die Verkehrsüblichkeit der von den Antragstellern beabsichtigten Maßnahme geschlossen werden. Die vom Rekursgericht aus der als notorisch angesehenen allgemeinen Klimaentwicklung („Erderwärmung“) abgeleitete Schlussfolgerung, dass Wohnungen in Gebäuden, die noch bis in jüngster Zeit ohne technische Ausstattungen zur Klimatisierung errichtet worden seien, nachgerüstet werden müssten, um zu Wohnzwecken geeignet zu sein, sei keineswegs zwingend und könne den für eine Bejahung der Verkehrsüblichkeit erforderlichen Tatsachenbeweis daher nicht ersetzen. Da nach den Feststellungen die Wohnung über Außenjalousien an den Fenstern und die Möglichkeit zur Beschattung des Balkons verfügt und damit aufgrund ihrer Ausstattung den normativen Vorgaben für die Vermeidung sommerlicher Überwärmung entspräche, lägen keine objektive Umstände vor, aus denen sich ableiten ließe, dass ungeachtet dessen die Installation einer Außenklimaanlage der Übung des Verkehrs entspricht. Der Antrag der Mieter wurde daher mangels Verkehrsüblichkeit abgewiesen.