Naturalunterhalt „Wohnen“ - Anrechnung auf Ehegattenunterhalt

Ehe- und Familienrecht
September 2019

Der Oberste Gerichtshof (OGH) judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass auch wenn die Wohnung im Alleineigentum des Unterhaltsberechtigten steht, dessen Wohnbedürfnis damit befriedigt ist und es somit nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhaltes bedarf, um sein vollständiges Unterhaltsbedürfnis zu decken. Die Wohnkostenersparnis ist grundsätzlich mit dem gesamten fiktiven Mietwert zu berücksichtigen, sofern der Unterhaltsberechtigte für die Wohnung keine Kosten aufwenden muss. Diese Anrechnung reduziert sich um den Kopfteil des Unterhaltspflichtigen, wenn dieser in der Wohnung wohnen bleibt oder unberechtigterweise ausgezogen ist (oder weggewiesen wurde); bei einem kinderlosen Paar also um die Hälfte.

In einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache hat der OGH ausgeführt, dass diese Ausführungen auch in den Fällen des Miteigentums an der Ehewohnung bzw. des gemeinsamen Wohnungseigentums gelten. Steht demnach die Ehewohnung im gleichteiligen Miteigentum (bzw. im gemeinsamen Wohnungseigentum) hat sich der Unterhaltsberechtigte, der für die Wohnung keine Kosten aufwenden muss, die Hälfte des fiktiven Mietwertes (nicht die Kreditraten!) als Naturalunterhalt auf den Ehegattenunterhalt anrechnen zu lassen, wenn der Unterhaltspflichtige ebenfalls die Wohnung benützt.

Zu beachten ist weiters, dass Naturalunterhalt grundsätzlich nur im angemessenen Umfang anzurechnen ist; der Unterhaltsberechtigte hat stets Anspruch auf einen Geldunterhalt, weil er von der Wohnung allein nicht leben kann. Wo die Angemessenheitsgrenze liegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Zumindest bei durchschnittlichen Verhältnissen lässt die Rechtsprechung eine Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs aus dem Titel der Wohnversorgung daher lediglich um rund ein Viertel zu. Gebührt dem Unterhaltsberechtigten aufgrund seines Eigeneinkommens ein Ergänzungsunterhalt, so ist dieses Viertel aus dem Eigeneinkommen und dem ungekürzten Ergänzungsunterhalt zu ermitteln. Eine über das Viertel hinausgehende Anrechnung ist aber nicht ausgeschlossen.