Pflichtteilsrecht - Schenkung an Schwiegertochter nicht rechtsmissbräuchlich

Dezember 2016


Gemäß § 785 Abs 1 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), sind auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder Ehegatten bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. Schenkungen, die früher als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers an nicht pflichtteilsberechtigte Personen gemacht worden sind, bleiben dabei unberücksichtigt. Das bedeutet folgendes:

Schenkt ein verwitweter Vater dem älteren der beiden Söhne drei Jahre vor seinem Tod sein gesamtes Vermögen, kann der jüngere Sohn, dessen Pflichtteil im vorliegenden Fall ein Viertel in Hinblick auf das Vermögen des Vaters betragen würde, im Verlassenschaftsverfahren verlangen, dass die Vermögenszuwendung an seinen Bruder im Verlassenschaftsverfahren zu berücksichtigen ist, womit er gegenüber seinem Bruder Anspruch auf ein Viertel des Wertes der Vermögenszuwendung hätte.

Hätte der Vater drei Jahre vor dessen Tod das Vermögen der Ehegattin des älteren Sohnes geschenkt, würde der jüngere Sohne leer ausgehen, da die Schwiegertochter des Vaters – im Gegensatz zu seinem Bruder als weiteren Sohn des Vaters – keine pflichtteilsberechtigte Person ist. Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang vor kurzem klargestellt, dass eine derartige Schenkung an die Schwiegertochter weder eine Umgehung des § 785 ABGB darstellt, noch rechtsmissbräuchlich ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des OGH könnte es – nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles – rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Vater sein gesamtes Vermögen seinem älteren Sohn zuwendet und dieser vor der Zuwendung auf seine Pflichtteilsansprüche verzichtet; diesfalls würde es sich beim älteren Sohn im Zeitpunkt der Vermögenszuwendung und des Todes des Vaters um keine pflichtteilsberechtigte Person (mehr) handeln.

Zu beachten ist allerdings, dass mit 1. Jänner 2017 zahlreiche Bestimmungen des Erbrechts-Änderungsgesetzes 2015 in Kraft treten, mit welchem es zu umfangreichen Änderungen des Erbrechtes kommt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die oben genannte Entscheidung des OGH auch für die neue Rechtslage maßgeblich sein wird.