Produkthaftung wegen umgefallener Leiter?

Schadenersatzrecht
September 2020

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger kaufte eine von der Beklagten hergestellte Stufenstehleiter, welcher eine Benutzerinformation in mehreren Sprachen beilag. Unter Punkt „3. Benutzung der Leiter“ war festgehalten: „d) Stehleitern nicht zum Aufsteigen auf eine andere Ebene benutzen“. Auf der Unterseite der Leiter waren 27 Piktogramme angebracht, die in der Benutzerinformation ebenfalls abgebildet und mit Nummern versehen waren. Das mit 3. d) gekennzeichnete Piktogramm verbat das Übersteigen von der Leiter auf eine andere Trittfläche.

Der Kläger stellte die Leiter (seitlich und unmittelbar anschließend) vor einem Baugerüst auf, um sie zum Auf- und Absteigen auf das Baugerüst zu verwenden. Beim Auspacken der Leiter nahm er sowohl die Piktogramme als auch die Benutzerinformation wahr, studierte jedoch weder die Piktogramme noch las er die Benutzerinformation durch. Der Kläger benützte die Leiter ca. vier bis fünf Mal zum Auf- und Absteigen auf das Baugerüst. Als er dann wieder vom Baugerüst auf die Stehleiter steigen wollte, hielt er sich mit seiner rechten Hand am oberen Rundbügel der Leiter fest und stieg gleichzeitig mit seinem rechten Fuß in Richtung oberste (fünfte) Stufe zur Leiter. Dabei übte er einen solchen seitlichen Druck auf die Leiter aus, dass diese seitlich wegkippte und der Kläger zu Boden stürzte. Durch die seitliche Belastung im Zeitpunkt des Übersteigens, was zum Umkippen der Leiter führte, wurde gleichzeitig auf den Leiterholm ein solcher Druck ausgeübt, dass dieser knickte.

Der Kläger begehrte von der Beklagten – gestützt auf das Produkthaftungsgesetz (PHG) – u.a. Schmerzengeld. Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren übereinstimmend ab. Der OGH bestätigte diese Entscheidung und führte aus, dass bei Produktfehlern nach der Rechtsprechung zwischen Konstruktionsfehlern, Produktionsfehlern und Instruktionsfehlern zu unterscheiden sei. Beim Konstruktionsfehler sei die Enttäuschung der Sicherheitserwartung im technischen Konzept begründet. Beim Produktionsfehler (Fabrikationsfehler) entspreche zwar das Konzept und das danach hergestellte „idealtypische Produkt“ den Erwartungen, nicht aber einzelne Stücke, weil der Produktionsprozess nicht normgerecht war. Beim Instruktionsfehler mache nur die unzureichende Darbietung das Produkt fehlerhaft.

Soweit der Kläger ins Treffen führt, dass das gegenständliche Piktogramm keinesfalls allgemein verständlich und klar sei, weil dort nur eine normale Stehleiter und keine Stehleiter mit Podest, wie der Kläger sie erworben habe, abgebildet sei, und außerdem nicht vor einem seitlichen Übersteigen, wie es der Kläger praktiziert habe, gewarnt werde, entgegnet der OGH, dass das Wesen von Piktogrammen darin bestehe, Informationen durch vereinfachte grafische Darstellung zu vermitteln. Die Instruktion sei daher ausreichend gewesen. Daran ändere auch nichts, dass die Beklagte nicht explizit auf die Gefahr des Einknickens des Leiterholms durch das Übersteigen hingewiesen hat. Das Einknicken des Leiterholms sei nach den Feststellungen nämlich Folge des mit dem Übersteigen auf die Leiter ausgeübten seitlichen Drucks, womit sich gerade ein Risiko verwirklichte, dem das Verbot begegnen sollte. Zusammenfassend gelangte der OGH daher zu dem Ergebnis, dass kein Instruktionsfehler vorliegt.