Rückabwicklung eines Kaufvertrages nach Misslingen des ersten Verbesserungsversuches?

Allgemeines Zivilrecht Verkehrsrecht
August 2022


Gemäß § 932 Abs 2 ABGB (Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch) kann der Übernehmer einer Sache bei deren Mangelhaftigkeit zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen.

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger kaufte bei der Beklagten einen Neuwagen um einen Kaufpreis von € 36.083,00. In weiterer Folge bemerkte der Kläger, dass die Spaltmaße bei den Türen nicht passen würden und wurde dieser Mangel von der Beklagten innerhalb zweier Monate nach Kaufvertragsabschluss und Übergabe des Fahrzeuges behoben. Wenige Tage später bemerkte der Kläger, dass Watte beim Innengriff der Fahrertüre heraushing. Innerhalb der nächsten zwei Wochen kam es beim Fahrzeug zu einem massiven Wassereintritt oberhalb des Beifahrersitzes. Ein Monat später befand sich das Fahrzeug vier Tage bei der Beklagten zur Reparatur, wobei der Watteaustritt, nicht jedoch die Ursache für den Wassereintritt behoben wurde. Seitens der Beklagten wurde nicht ausreichend bzw. an der falschen Stelle Dichtmasse im betroffenen Bereich aufgebracht.

Wenige Tage später kam es erneut zweimal zu einem Wassereintritt, wobei dieses über die A-Säule hinunterlief, auf den Lautsprecher und den Boden tropfte sowie am Dach entlang nach hinten lief. Kurz zuvor hatte der Kläger einen erneuten Reparaturtermin vereinbart, welcher innerhalb der nächsten zwei Wochen stattfinden sollte. Vier Tage vor der Reparatur hat der Kläger den Termin abgesagt. In weiterer Folge erklärte der Kläger, dass er vom Vertrag zurücktrete und Wandlung begehre.

Die Beklagte lehnte die Rückabwicklung des Vertrages ab und verwies darauf, Verbesserung geleistet zu haben und der Grund für den neuerlichen Wassereintritt geprüft werden müsse. Daraufhin erhob der Kläger Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Das Erstgericht gab der Klage dem Grunde nach statt und wies einen Teilbetrag auf Rückzahlung des Kaufpreises aufgrund der Benützung des Fahrzeuges ab. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und verwies die Entscheidung mit der Begründung, der Kläger habe der Beklagten mit Terminvereinbarung einen neuen Verbesserungsversuch eingeräumt, zurück an das Erstgericht.

Der OGH führte im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass nach ständiger Rechtsprechung der Übernehmer schon beim Misslingen des ersten Verbesserungsversuches den Sekundärbehelf der Wandlung bzw. Preisminderung in Anspruch nehmen könne. Mehrmalige Verbesserungsversuche müsse ein Übernehmer auch dann nicht hinnehmen, wenn vom Übergeber unverzüglich ein weiterer Verbesserungs- bzw. Austauschversuch angeboten wird.

Der Übernehmer habe die Wahl, dem Übergeber einen zweiten Verbesserungsversuch zu gewähren oder auf die sekundären Gewährleistungsbehelfe umzusteigen. Bei dieser Wahl handle es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Hat der Übernehmer eine Wahl getroffen, sei er an diese gebunden.

Nach Ansicht des OGH sei im vorliegenden Fall zu prüfen, ob der Kläger durch die weitere Terminvereinbarung eine verbindliche Wahl zwischen einem weiteren Verbesserungsversuch oder Wandlung getroffen hat. Im konkreten Fall sei allerdings davon auszugehen, dass die Vereinbarung eines Termins für eine mögliche weitere Reparatur noch keine Festlegung des Klägers zwischen Verbesserung und Wandlung dargestellt habe und auch als solche nicht habe verstanden werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei weder für den Kläger noch für die Beklagte, deren erster Verbesserungsversuch gescheitert war, absehbar gewesen, wieso es zu einem neuerlichen Auftreten des Problems gekommen war und mit welchem Aufwand ein allfälliger Mangel behoben werden könnte. Dazu komme im vorliegenden Fall, dass es nach Vereinbarung des Termins zu einem weiteren massiven Wassereintritt gekommen ist, der für den Kläger erst den vollen Umfang der Unzulänglichkeit des ersten Reparaturversuches erkennen habe lassen. Damit habe er zum einen davon ausgehen müssen, dass die erste Reparatur keinerlei Auswirkungen gehabt hatte, zum anderen aber auch, dass mit einer Behebung des Mangels ein weit größerer Aufwand als ursprünglich angenommen verbunden sein wird. Zusammenfassend sei der Kläger daher auch vor einem zweiten Verbesserungsversuch berechtigt gewesen, Wandlung zu begehren.