Verbrauchergeschäft eines Unternehmers

September 2015


In unserem Newsletter-Beitrag „Unternehmensvorbereitende Geschäfte“ haben wir im April 2015 berichtet, dass das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) dann zur Anwendung gelangt, wenn ein Unternehmer mit einem Verbraucher ein Rechtsgeschäft tätigt. Als Unternehmer wird dabei jemand bezeichnet, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört, während als Verbraucher jeder Nicht-Unternehmer anzusehen ist. Primäres Ziel des KSchG ist dabei der Schutz des Verbrauchers, weil der Gesetzgeber den Verbraucher als typisch unterlegen erachtet, was sicherlich häufig der Fall ist. Das KSchG kommt grundsätzlich aber auch dann zur Anwendung, wenn ein (erfahrener) Geschäftsmann ein „Privatgeschäft“ mit einem Unternehmer abschließt.

Die EU-Richtlinie über „mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen“ definiert den Verbraucher als natürliche Person, die bei Verträgen zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Da die EU-Verbraucherrichtlinien den Mindeststandard für den Verbraucherschutz in den nationalen Rechtsordnungen der 28 EU-Mitgliedstaaten vorgeben, sind die im KSchG umgesetzten Bestimmungen der Verbraucherrichtlinien im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) auszulegen. In diesem Zusammenhang hat der EuGH vor kurzem eine interessante Entscheidung gefällt, dem nachfolgender Sachverhalt zugrunde lag:

Ein Unternehmer (Rechtsanwalt) hat einen Kreditvertrag mit einer Bank unterzeichnet, welchen er – ohne Bezug auf seine berufliche Tätigkeit – als Kreditnehmer unterzeichnet hat. Gleichzeitig hat er als Vertreter seiner Rechtsanwaltskanzlei zur Besicherung der Kreditverbindlichkeit ein Pfandrecht ob der im Eigentum seiner Rechtsanwaltskanzlei stehenden Liegenschaft bestellt.

Nach Ansicht des EuGH hat der Verbraucher-Begriff der betreffenden Richtlinie objektiven Charakter und ist unabhängig von den konkreten Kenntnissen, welche die betreffende Person haben mag, oder den Informationen, über die sie tatsächlich verfügt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Rechtsanwalt im vorliegenden Fall über ein hohes Maß an Fachkenntnissen verfügt, sei er im vorliegenden Fall als schwächere Partei anzusehen, weil auch seine Verhandlungsposition geschwächt sei, zumal er auf die von seinem Vertragspartner vorformulierten Bedingungen als Verbraucher keinen Einfluss hat. Weiters komme es lediglich darauf an, ob die Person, die den Hauptvertrag (Kreditvertrag) abgeschlossen hat, die Eigenschaft als Verbraucher hat oder nicht. In welcher Eigenschaft der (akzessorische) Hypothekenvertrag abgeschlossen wird, sei hingegen unerheblich. Der EuGH kommt damit zu dem Ergebnis, dass der Rechtsanwalt vorliegend als Verbraucher zu behandeln ist, weshalb auf den gegenständlichen Kreditvertrag die einschlägigen Verbraucherschutzvorschriften zur Anwendung gelangen.