Verbücherung einer Dienstbarkeit – Verjährung?

Liegenschaftsrecht Vertragsrecht
September 2022


Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zugrunde:

Der Vater des beklagten Eigentümers einer Liegenschaft hat sich im Jahr 1970 gegenüber den Rechtsvorgängern der Klägerin verpflichtet, seine Liegenschaft in Richtung des Gebäudes auf dem benachbarten Grundstück der Klägerin nicht zu bebauen oder sonstige die Aussicht störende Veranlassungen zu treffen (Bauverbot). Zudem hat sich der Vater des Beklagten gegenüber den Rechtsvorgängern der Klägerin verpflichtet, der Einverleibung dieses Bauverbotes ob seinem Grundstück (Eintragung im Grundbuch) zuzustimmen. Das Bauverbot wurde jedoch nicht im Grundbuch eingetragen.

Der Beklagte hat im Jahr 1997 das gegenständliche – vom Bauverbot betroffene – Grundstück von seinem Vater erworben, wobei der Beklagte bis 2019 keine Kenntnis von diesem Bauverbot hatte.

Die Klägerin hat das – vom Bauverbot begünstigte – Grundstück im Jahr 2019 von ihrem Ehemann erworben. Dieser hat das Grundstück im Jahr 2018 von der Tochter jener Personen erworben, gegenüber denen sich der Beklagte im Jahr 1970 zum Bauverbot verpflichtet hat.

Im gegenständlichen Rechtsstreit begehrte die Klägerin vom Beklagten, dass dieser in die grundbücherliche Eintragung des seinerzeit von seinem Vater eingegangenen Bauverbots zugunsten des Grundstücks der Klägerin einwilligt. Der Beklagte wandte ein, das gegenständliche Grundstück lastenfrei von seinem Vater erworben zu haben. Zudem sei ein allfälliger Anspruch der Klägerin bereits verjährt.

Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Der in weiterer Folge angerufene OGH ließ die Revision (= weiteres Rechtsmittel an den OGH) zu und führt der OGH in seinem Urteil zunächst aus, dass ein Bauverbot – wie alle dinglichen Rechte – durch „Titel“ und „Modus“ erworben werde.

Als „Modus“ zur Begründung der Dienstbarkeit an verbücherten Liegenschaften komme grundsätzlich nur die Eintragung ins Grundbuch in Betracht. Eine nicht verbücherte Dienstbarkeit, worunter auch ein Bauverbot fällt, binde nur die Vertragsparteien; sie gewähre einen obligatorischen Anspruch gegen den Besteller auf Einwilligung in die Verbücherung.

Einzelrechtsnachfolger der Vertragsparteien seien nur dann an die obligatorischen Wirkungen eines nicht verbücherten Dienstbarkeitsvertrages gebunden, wenn diese vom Einzelrechtsnachfolger übernommen werden. Wenngleich sich der Vater des Beklagten auch gegenüber den Rechtsnachfolgern seines damaligen Vertragspartners (somit auch gegenüber der Klägerin) zum Bauverbot verpflichtet habe, sei mangels Verbücherung des Bauverbotes eine dinglich – gegenüber jedem Eigentümter der belasteten Liegenschaft – wirkende Dienstbarkeit nicht entstanden. Daher habe der Grundbuchstand im Jahr 1997, als der Beklagte das vom Bauverbot betroffene Grundstück von seinem Vater erhalten hat, die materielle Rechtslage zutreffend wiedergegeben. Die Frage eines gutgläubigen, lastenfreien Erwerbs des vom Bauverbot betroffenen Grundstückes stelle sich demnach nicht, weil das Grundstück mangels Eintragung des Bauverbotes im Grundbuch nicht belastet war.

Der Beklagte sei demnach nach Übertragung der gegenständlichen Liegenschaft im Jahr 1997 nicht an das von seinem Vater eingegangene Bauverbot gebunden gewesen. Da der Beklagte allerdings nach dem späteren Tod seines Vaters dessen Erbe (und somit Gesamtrechtsnachfolger) wurde, träfen den Beklagten ab dem Zeitpunkt der Einantwortung im Verlassenschaftsverfahren die von seinem Vater im Jahr 1970 eingangenen Verpflichtungen aus dem Bauverbot.

Davon zu unterscheiden sei allerdings die Frage, ob auch der Beklagte – wie seinerzeit sein Vater – (noch) verpflichtet ist, in die grundbücherliche Eintragung des Bauverbotes einzuwilligen.

Der OGH führt diesbezüglich aus, dass das Bauverbot selbst noch nicht verjährt sei, da es sich hierbei um ein selten ausübbares Recht handle, bei welchem sich im Einzelfall eine längere Verjährungsfrist (grundsätzlich 30 Jahre) ergeben könne, was vorliegend auch der Fall sei. Daraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass der Anspruch auf Verbücherung bei selten ausübbaren und daher nach 30 Jahren noch nicht verjährten obligatorischen Rechten ebenfalls noch nicht verjährt wäre. Das vertragliche Recht, die Verbücherung zu erwirken, könne nämlich nicht als selten ausübbares Recht qualifiziert werden, weil es zu seiner Ausübung keiner gesonderten Gelegenheit bedarf. Der Anspruch auf Einwilligung in die Einverleibung eines Bauverbotes unterscheide sich insofern nicht vom vertraglichen Anspruch auf Einwilligung in die Eintragung des Eigentumsrechts, der binnen 30 Jahren verjährt. Der OGH gelangte daher zum Ergebnis, dass der Anspruch der Klägerin auf Eintragung des Bauverbotes im Grundbuch – wenngleich dieses auch gegenüber dem Beklagten noch bestehe – bereits verjährt sei. Die Klage wurde daher abgewiesen.