Vertrauensgrundsatz gilt auch beim Skifahren

Januar 2016


Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) gilt der vom Straßenverkehr bekannte Vertrauensgrundsatz grundsätzlich auch beim Skifahren. Das bedeutet auch, dass auf das verkehrsgerechte Verhalten von Kindern nicht bzw. nur beschränkt vertraut werden darf. Nach einer jüngst ergangenen Entscheidung des OGH dürfen die Sorgfaltspflichten aber nicht überspannt werden. Der Entscheidung lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Der 7-jährige Kläger war mit seinem Bruder und seinen Eltern mit Skiern auf einem Skiweg unterwegs. In weiterer Folge fuhren der Kläger und sein Bruder in das Gelände außerhalb des Skiweges und blieben – in einer Entfernung von etwa 2 Metern zum Rand des Skiweges – auf einem Hügel stehen.

Die Beklagte näherte sich mit ihrem Snowboard auf dem Skiweg der Unfallstelle und fuhr mit einer Geschwindigkeit von 10 bis 15 km/h in größeren, lang gezogenen Schwüngen. Aufgrund ihrer Position auf dem Snowboard bestand für sie eine ungünstige Sicht auf den nördlich gelegenen Hügel (auf dem der Kläger stand), weil bei einem Rechtsschwung ihr Rücken dorthin zeigte. Plötzlich fuhr der Kläger los und kollidierte seitlich mit der Beklagten, wodurch der Kläger verletzt wurde.

Der OGH, der sich in letzter Instanz mit dieser Rechtssache beschäftigte, hielt in seiner Entscheidung fest, dass es eine Überspannung der Sorgfaltspflichten bedeuten würde, wenn man von der Beklagten verlange, keine Schwünge machen zu dürfen, durch die die Kinder (ohnedies nur kurzfristig) aus ihrem Blickwinkel geraten, und sie überdies zu verpflichten, eine noch geringere Geschwindigkeit zu wählen, die ihr ein jederzeitiges Anhalten ermöglicht hätte, zumal dies bedeuten würde, dass sie als Snowboarderin angesichts des geringen Gefälles auf dem Weg Gefahr gelaufen wäre, überhaupt zum Stillstand zu kommen. Den Kläger trifft daher das Alleinverschulden, weshalb sein Klagebegehren abgewiesen wurde.