Zur Verkehrssicherungspflicht auf Spielplätzen

Schadenersatzrecht
November 2022

Bei diesem (in den Jahren 2007/2008 errichteten) Spielgerät sind kreuzweise auf Stahlseilen vier Gehänge montiert. Jedes dieser Gehänge besteht aus einer Stange mit Gewinde, welches in der kardanischen Aufhängung eingeschraubt und mit einem Splint gegen Verdrehen gesichert ist. Am unteren Ende der Stange befindet sich ein Reifen, der als Sitzfläche dient. Der Sicherungsstift bewirkt, dass sich das Gewinde nicht nach unten herausdrehen kann.

Als die Klägerin die Schaukel nutzte, brach der bereits stark vorgeschädigte Sicherungsstift an beiden äußeren Seiten. Die Stange löste sich von der Befestigung, worauf die Klägerin mit dem Reifen zu Boden stürzte und von der Stange getroffen wurde.

Mit der jährlichen Hauptinspektion der Spielgeräte beauftragte die Beklagte ein Drittunternehmen, welches die Hauptinspektion seit dem Jahr 2014 durchführte. Die Klägerin begehrt – gestützt auf die Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten – von der Beklagten die Zahlung eines Schmerzengeldes von € 7.700,-.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren mit Zwischenurteil dem Grunde nach statt. Der OGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichtes und führte in seiner Urteilsbegründung zunächst aus, dass der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht nach ständiger Rechtsprechung immer von den Umständen des Einzelfalls abhänge. Wesentlich sei, ob eine Gefahr für einen sorgfältigen Menschen erkennbar war und welche Maßnahmen zur Vermeidung der Gefahr möglich und zumutbar sind.

An die Verkehrssicherheitspflicht auf Spielplätzen seien besonders strenge Anforderungen zu stellen, was eine besondere Verantwortung für die Ausstattung und den Erhaltungszustand von Spielgeräten in sich schließt. Allerdings sei auch in diesem Bereich die Grenze des Zumutbaren zu beachten. Absolut sicher können nämlich Spielgeräte, die dem Bewegungsdrang und der Abenteuerlust von Kindern Raum geben, nie sein; die Errichtung und Erhaltung von Spielplätzen dürfe daher nicht an einem übertriebenen Sicherheitsbedürfnis und an einer Überspannung der Sorgfaltspflicht ihrer Betreiber scheitern. Es sei daher in jedem Einzelfall abzuwägen, ob ein Sorgfaltsverstoß vorliegt. Generelle Richtlinien für die Ausgestaltung von Spielplätzen und Spielgeräten, die über den Hinweis auf die allgemeine, wenngleich mit Rücksicht auf die Verkehrsbeteiligten erhöhte Verkehrssicherungspflicht hinausgehen, könne die Judikatur in der Regel nicht geben.

Im vorliegenden Fall habe die Klägerin bewiesen, dass ein bereits stark vorgeschädigter Sicherungsstift in der Aufhängung der Schaukel wegen Überbeanspruchung brach und sie deswegen verletzt wurde. Sie habe weiters unter Beweis gestellt, dass vor dem Unfall weder durch die Beklagte selbst noch durch das beauftragte Drittunternehmen jemals eine Kontrolle des Sicherungsstifts erfolgte.

Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte nicht bewiesen habe, dass sie am eingetretenen Schaden kein Verschulden treffe, sei auf Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen allerdings nicht zu beanstanden. Auch wenn feststehe, dass die Herstellervorgaben der Schaukelanlage eine Überprüfung des Sicherungsstifts nicht vorsahen, lasse sich die Notwendigkeit regelmäßiger Kontrollen schon an der Funktion und der Bedeutung des ausdrücklich als Sicherungsstift bezeichneten Splints für den Betrieb der Schaukel erkennen, zumal dieser das Herausdrehen des Gewindes und damit den Absturz der schaukelnden Personen verhindern soll. Auch die – aufgrund der Situierung des Spielgeräts im Freien offenkundige – Gefahr der Korrosion lege das Erfordernis wiederkehrender Überprüfungen bzw. eines Austauschs des Sicherungsstifts nahe. Zudem könne sich die Beklagte auch nicht damit entlasten, dass sie die jährliche Inspektion der Spielgeräte an ein Drittunternehmen übertragen hat, zumal dieses als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zuzurechnen sei und die Beklagte demnach auch für dessen Verschulden einzustehen habe. Die Haftung der Beklagten sei daher zu Recht bejaht worden.