Keine „abstrakte Rente“ für nicht erfüllten Berufswunsch

Februar 2016

In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof (OGH) entschieden, dass ein Schulabsolvent, der im Zeitpunkt eines Verkehrsunfalles noch keine Lehrstelle in seinem Wunschberuf eines Kfz-Technikers gefunden hatte und diesen Beruf nur noch unter Schmerzen und mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausüben könnte, keinen Anspruch auf eine „abstrakte Rente“ hat.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) umfasst „Verdienstentgang“ nicht nur die Verringerung oder den Verlust des Erwerbseinkommens, sondern unter Umständen auch Einbußen wegen verzögertem Eintritt ins Berufsleben oder Beeinträchtigung des beruflichen Aufstiegs. Dabei ist zwischen „konkretem Verdienstentgang“ und „abstrakter Rente“ zu unterscheiden. Die „abstrakte Rente“ soll dem Verletzten einen Ausgleich dafür bieten, dass er sich zur Vermeidung eines „konkreten Verdienstentganges“ physisch oder psychisch mehr anstrengen muss als früher, und ihn in die Lage versetzen, für den infolge seiner Verletzung zu befürchtenden Fall eines späteren Arbeitsplatzverlusts schon jetzt durch Rücklagen einen Deckungsfonds zu schaffen. Sie gebührt daher, wenn der Arbeitsplatz des Verletzten wegen der Unfallfolgen gefährdet ist, wobei dann zu prüfen ist, ob die Verletzung den Betroffenen bei der Suche oder Vermittlung eines neuen Arbeitsplatzes tatsächlich schlechter darstellt.

Die „abstrakte Rente“ stellt eine Ausnahme für Härtefälle dar, in denen der Verletzte trotz eines Dauerschadens ansonsten leer ausgehen müsste. Durch den Zuspruch einer „abstrakten Rente“ verliert der Geschädigte zudem die Möglichkeit, später einen „konkreten Verdienstentgang“ geltend zu machen. Die Geltendmachung einer „abstrakten Rente“ sollte daher wohl überlegt sein.