Preisminderung für Dienstbarkeit auf Liegenschaft

Februar 2017


Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat vor kurzem ausgesprochen, dass der Käufer einer Liegenschaft vom Verkäufer eine Preisminderung verlangen kann, wenn auf der kaufgegenständlichen Liegenschaft trotz vereinbarter Lastenfreiheit eine Dienstbarkeit lastet. Der Entscheidung des OGH lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Die klagende GmbH hat von der Beklagten 2010 eine bebaute Liegenschaft um einen Kaufpreis von € 1.737.000,00 erworben. Im Kaufvertrag wurde vereinbart, dass die beklagte Verkäuferin für die Lastenfreiheit der Liegenschaft haftet.

Im Zuge von Abbrucharbeiten erlangte die Klägerin Kenntnis davon, dass sich im Kellergeschoß des bestehenden Gebäudes eine Trafostation befand, die von einem Energieversorgungsunternehmen seit 1970 betrieben wurde und auch der Stromversorgung benachbarter Liegenschaft diente; eine Dienstbarkeit zum Betrieb dieser Trafostation zu Gunsten des Energieversorgers war nicht verbüchert, jedoch befand sich die Trafostation in einem gesonderten Kellerraum, zu dem nur Mitarbeiter des Energieversorgers Zugang hatten, was auch durch ein entsprechendes Warnschild an der versperrten Tür gekennzeichnet war. Nachdem der Energieversorger gegenüber der Klägerin ein Recht zum Betrieb dieser Trafostation behauptet hat, verlegte die Klägerin die Station auf ihre Kosten an eine andere Stelle der Liegenschaft. Die Klägerin begehrte in weiterer Folge die Zahlung von € 208.440,00 von der beklagten Verkäuferin aus dem Titel der Preisminderung (= Gewährleistungsbehelf).

Rechtlich führte der OGH aus, dass grundsätzlich auch nicht verbücherte Lasten auf den Erwerber einer Liegenschaft übergehen, wenn vom dienenden Grundstück aus bei einiger Aufmerksamkeit Einrichtungen oder Vorgänge wahrgenommen werden können, die das Bestehen einer entsprechenden Belastung vermuten lassen. Im vorliegenden Fall sei jedenfalls von einer offenkundigen Dienstbarkeit auszugehen. Wenngleich dem Erstgericht eine Verfahrensergänzung aufgetragen und die Angelegenheit zum Erstgericht zurückverwiesen wurde, führte der OGH aus, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Preisminderung zweifellos zu bejahen wären, wenn sich im fortgesetzten Verfahren ergeben sollte, dass dem Energieversorger ein einer offensichtlichen Nutzung entsprechendes Recht zukam.