Zur Gültigkeit eines fremdhändigen Testamentes

August 2018


Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Die später verstorbene Erblasserin befand sich zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Testamentes nach einer Sepsis mit akutem Nierenversagen und einer linksseitigen Hemiplegie im Krankenhaus. Das in einer Rechtsanwaltskanzlei vorbereitete, auf dem Computer vorgeschriebene Testament (= fremdhändiges Testament) umfasste zwei (lose) Blätter. Der Text der letztwilligen Anordnung befand sich auf der Vorderseite und der Rückseite des ersten Blattes. Unter dem Text waren punktierte Zeilen für das Einsetzen des Datums, den handschriftlichen Zusatz „Diese Urkunde enthält meinen letzten Willen“ und die Unterschrift der Erblasserin vorbereitet. Auf dem zweiten Blatt waren ebensolche Zeilen für die Unterschriften der – bei einem fremdhändigen Testament notwendigen – drei Testamentszeugen vorgedruckt.

Zwei der drei Testamentszeugen waren Mitarbeiterinnen der Rechtsanwaltskanzlei, als dritte Zeugin fungierte eine Krankenschwester. Zuerst unterschrieb die Erblasserin das Testament unter Beifügung des besagten Zusatzes. Im Anschluss daran unterschrieb jede der drei Zeuginnen mit Anführung ihres Geburtsdatums und ihrer Adresse sowie mit dem Zusatz „als Testamentszeugin“ auf dem zweiten Blatt. Das unterfertigte Testament wurde von den Mitarbeitern der Anwaltskanzlei mitgenommen, eingescannt und im Zentralen Testamentsregister archiviert. Schließlich wurde eine Kopie in den Akt gelegt und das Original (mit einer Büroklammer) „geheftet“ im Kanzleitresor abgelegt.

Der OGH führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass dann, wenn sich – wie im vorliegenden Fall – der Text auf einem einzigen Blatt Papier befindet, dieses Blatt die Urkunde sei, auf der die Zeugen unterschreiben müssen. Für die Unterschrift komme jede Stelle auf der Urkunde in Frage, somit auch die (unbeschriebene) Außenseite, zumal die Unterschrift nicht den Inhalt der Urkunde, den die Zeugen ja nicht kennen müssen, bestätige. Ihr Zweck liege nämlich in der Beurkundung der Identität des Schriftstücks, womit Unterschiebungen vorgebeugt werden soll. Die Anbringung der Unterschriften der Zeugen auf einem zusätzlichen losen und leeren Blatt reiche jedoch für die Erfüllung der erforderlichen Formvorschriften nicht aus, weshalb der OGH das fremdhändige Testament der Erblasserin als formungültig qualifizierte.