Zur Rückforderbarkeit überhöhter Lohnzahlungen

Arbeitsrecht
Juni 2022


Gemäß § 1431 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) besteht im Falle einer irrtümlichen Zahlung einer Nichtschuld ein Rückforderungsanspruch des irrtümlich Leistenden gegenüber demjenigen, der ohne Rechtsgrund unrechtmäßig bereichert wurde.

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger ist Arzt und hat die Beklagte in seiner Ordination als Gehilfin beschäftigt. Die Beklagte bezog im Rahmen ihrer Beschäftigung ein monatliches Nettogehalt in Höhe von ca. € 1.500,00, vierzehnmal jährlich. Die Lohnzahlung erfolgte üblicherweise derart, als dass ein Betrag von € 1.000,00 mittels Dauerauftrages zur Anweisung gebracht und das verbleibende Gehalt vom Kläger bzw. einer für die Buchhaltung zuständigen Mitarbeiterin mittels Erlagscheines überwiesen wurde. Für die Überweisung mittels Erlagscheines unterfertigte der Kläger die erforderlichen Erlagscheine (nur er war bei der Bank zeichnungsberechtigt) und übergab diese der Buchhalterin. Für Zeiten, in denen sich der Kläger beispielsweise auf Urlaub befand, wurden die erforderlichen Erlagscheine bereits im Vorhinein vom Kläger unterfertigt und der Buchhalterin ausgehändigt. In einem Zeitraum von 13 Monaten wurde der Beklagten – zusätzlich zu ihren Gehaltszahlungen – ein Betrag von insgesamt € 11.425,00 vom Konto des Klägers überwiesen. Dieser Umstand ist dem Steuerberater beim Steuerausgleich für diesen Zeitraum aufgefallen.

Der Kläger erhob Klage und forderte von der Beklagten die Rückzahlung der zu viel bezahlten Beträge. Die Beklagte brachte dagegen vor, dass die erhaltenen Zahlungen Unterhaltscharakter aufweisen und nicht zurückgefordert werden können, weil sie im guten Glauben verbraucht worden seien.

Der in letzter Instanz angerufene OGH führte in seiner Entscheidung aus, dass eine Rückforderung nur dann ausgeschlossen sei, wenn die Klägerin die Zahlungen gutgläubig verbraucht hat. Nach ständiger Rechtsprechung werde der gute Glaube allerdings bereits dann ausgeschlossen, wenn der Empfänger bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit des ihm ausbezahlten Betrages auch nur zweifeln musste.

Da der Beklagten über einen Zeitraum von 13 Monaten Zahlungen des Klägers in einem Ausmaß gutgeschrieben wurden, bei welchem es sich im Verhältnis zu ihrem regelmäßig bezogenen Gehalt um keine geringfügige Überzahlung handelte und daneben die Gehaltszahlungen des Klägers in gleichbleibender Höhe weiter flossen, hätte die Beklagte an der Rechtmäßigkeit der ausbezahlten Beträge zumindest zweifeln müssen. Der OGH gelangte daher zu dem Ergebnis, dass die Beklagte mangels Gutgläubigkeit zur Rückzahlung der Überzahlungen verpflichtet sei.