Gewährleistungsanspruch bei Gebrauchtwagenkauf unter Verbrauchern

Vertragsrecht Gewährleistungsrecht Allgemeines Zivilrecht
July 2024

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger kaufte von der Beklagten einen über zehn Jahre alten gebrauchten Pkw mit einem Kilometerstand von 95.500 km. Die Prüfplakette nach § 57 Kraftfahrzeuggesetz (KFG) war beim Abschluss des Kaufvertrags noch sieben Monate gültig. Der Kläger unternahm eine kurze Probefahrt und nahm die sichtbaren Schäden des Pkw in Augenschein.

Der Kaufvertrag enthielt folgende Klausel: „Ich verkaufe Ihnen und Sie kaufen von mir das mir gehörige Fahrzeug […] in gebrauchtem Zustand, wie besichtigt und probegefahren, ohne jede Gewährleistung.“ Bereits bei der Übergabe des Pkw war der Motor verstopft, was für einen Laien nicht erkennbar ist. Nachdem der Kläger mit dem Pkw 200 km gefahren war, kam es deshalb zu einem Motorschaden. Der Kläger begehrte daraufhin die Aufhebung des Kaufvertrags und die Rückerstattung des Kaufpreises. Er berief sich insbesondere auf Gewährleistung für die schlüssig zugesicherte Fahrbereitschaft.

Nachdem sich die höchstgerichtliche Rechtsprechung, nach der die Fahrbereitschaft eines Gebrauchtwagens und somit seine Verkehrs- und Betriebssicherheit grundsätzlich als schlüssig zugesichert gilt, auf den Kauf von gewerblichen Kraftfahrzeughändler bezieht, hatte der OGH nach den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre zu prüfen, ob selbiges auch bei einem Gebrauchtwarenkauf unter Verbrauchen gilt.

Der OGH hielt zunächst fest, dass ein rechtsgeschäftlicher Gewährleistungsausschluss unter Verbrauchern nach § 929 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) zulässig ist. Seine Reichweite ist durch Auslegung im Einzelfall nach der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs zu ermitteln. In der Regel erfasst er auch verborgene Mängel und das Fehlen gewöhnlich vorausgesetzter Eigenschaften, nicht aber das Fehlen der zugesicherten Eigenschaften. Das gilt auch für schlüssig zugesicherte Eigenschaften.

Ob eine Eigenschaft als zugesichert anzusehen ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern davon, was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung des Vertragspartners erschließen durfte. Seine berechtige Erwartung ist an der Verkehrsauffassung zu messen. Gerade bei der Annahme einer schlüssigen Willenserklärung nach § 863 ABGB ist größte Vorsicht geboten. Sie setzt ein Verhalten voraus, das nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer bestimmten Richtung zu verstehen ist; es darf kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, dass der Wille, eine Rechtsfolge in einer bestimmten Richtung herbeizuführen, vorliegt. Schweigen ist nur unter besonderen Umständen als Willenserklärung zu werten. 

Der OGH kam zum Schluss, dass eine schlüssige Zusicherung der Verkehrs- und Betriebssicherheit beim Gebrauchtwarenverkauf unter Privaten nur bei besonderen Umständen in Betracht kommt. Im gegenständlichen Fall waren sowohl die Verkäuferin als auch der Käufer technische Laien. Die Verkäuferin verfügte daher über keinen Wissensvorsprung gegenüber dem Kläger. Nur aus dem Vorhandensein eines gültigen „Pickerls“, dem Kilometerstand und der Höhe des Kaufpreises lasse sich keine Zusage zur Fahrbereitschaft des gebrauchten Pkws seitens der Verkäuferin ableiten. Der Gewährleistungsausschluss zwischen der Beklagten und dem Kläger war daher wirksam.