Rechnungslegung keine generelle Voraussetzung für Fälligkeit einer Versicherungsleistung

Allgemeines Zivilrecht Versicherungsrecht
February 2024

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger begehrte von dem beklagten Kaskoversicherer die Kosten für die Behebung von Schäden an seinem PKW, bei denen es sich seiner Ansicht nach um einen versicherten Vandalismusschaden handelte.

Die ordnungsgemäße Reparatur der Schäden am PKW des Klägers in einer Fachwerkstätte war mit Kosten in Höhe von € 10.116,34 veranschlagt. Der Beklagte lehnte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens eine Versicherungsleistung mit der Begründung ab, dass es sich um keinen Vandalismusschaden gemäß des Versicherungsvertrags handle. Weiters bestritt der Beklagte die Fälligkeit der vom Kläger begehrten Leistung, weil dieser die Reparatur noch nicht vorgenommen habe und nach den Versicherungsbedingungen hierfür die Vorlage einer Rechnung über die ordnungsgemäße Reparatur des Fahrzeugs vorgesehen sei.

Das Erst- und Zweitgericht wiesen das Klagebegehren ab und teilten die Rechtsansicht des Beklagten, das die Voraussetzung für die Fälligkeit der Versicherungsleistung die Vorlage einer Rechnung über die ordnungsgemäße Wiederherstellung sei. Der OGH teilte diese Ansicht nicht und führte in seiner rechtlichen Beurteilung dazu aus:

§ 11 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) legt in seinem ersten Satz fest, dass Geldleistungen des Versicherers grundsätzlich mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig sind. Bei § 11 Abs. 1 VersVG handelt es sich um eine einseitig zwingende Fälligkeitsbestimmung zu Gunsten des Versicherungsnehmers. Der OGH betonte, dass Vereinbarungen, die die Fälligkeit des Anspruchs näher ausgestalten grundsätzlich bedenklich sind. Sofern diese im Ergebnis nicht dem gesetzlichen Maßstab der nötigen Erhebungen entsprechen, sind derartige Vertragsklauseln aufgrund § 15 Abs. 1 VersVG unzulässig.

§ 11 Abs. 1 VersVG knüpft die Fälligkeit an die Beendigung der nötigen Erhebungen eines Versicherers an. Nötig sind jene Erhebungen, die ein sorgfältiger Versicherer braucht, um den Versicherungsfall abschließend festzustellen und zu prüfen, dazu kommt die Prüfung des Umfangs der Leistungspflicht und wem gegenüber diese besteht. Eine gewisse Überlegungsfrist ist dabei zu berücksichtigen. Die für den gegenständlichen Fall relevante Klausel des Versicherungsvertrags sieht vor, dass bei Vorliegen eines Teilschadens Voraussetzungen für die Beendigung der Erhebungen die Vorlage einer Rechnung über die ordnungsgemäße Wiederherstellung bzw. eines Nachweises der Veräußerung in beschädigtem Zustand ist. Der OGH hielt fest, dass diese festgelegte Vorlagepflicht des Versicherungsnehmers jedenfalls in generalisierender Betrachtung in unzulässiger Weise von der Fälligkeitsbestimmung des § 11 Abs 1 Satz 1 VersVG abweicht und somit ungültig ist. Zudem sei zu berücksichtigten, dass die Beklagte außergerichtlich die Versicherungsleistung ablehnte, weil sie den Eintritt des Versicherungsfalls bestritt.

Das Höchstgericht betonte, dass bei endgültiger Ablehnung der Versicherungsleistung durch den Versicherer der Entschädigungsanspruch grundsätzlich sofort fällig wird, sodass die Versicherungsleistung mit Leistungsklage geltend gemacht werden kann. Die von dem Beklagten zu Unrecht erfolgte Ablehnung der Leistung führt daher zum Eintritt der Fälligkeit, weil der Versicherer dadurch den Abschluss der Ermittlungen zum Ausdruck bringt. Die Fälligkeit ist somit bereits durch die Deckungsablehnung der Beklagten eingetreten.