Testament ohne Unterschrift des Leseunfähigen ungültig

Erbrecht
April 2019


Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Erblasser war zum Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes bereits derart in seiner Sehkraft eingeschränkt, dass er den maschinengeschriebenen Text der Verfügung nicht lesen konnte. Das Testament wurde von einem Rechtsanwalt verfasst, welcher den Text in Anwesenheit zweier weiterer Testamentszeuginnen vorlas. Anschließend bestätigte der Erblasser mündlich, dass dieser Text seinem letzten Willen entspricht, woraufhin sowohl der Rechtsanwalt als auch die Testamentszeuginnen die Urkunde mit dem Hinweis auf ihre Zeugeneigenschaft unterschrieben. Der Erblasser selbst unterschrieb die Urkunde hingegen nicht.

Der OGH stellte in seiner Entscheidung klar, dass im gegenständlichen Fall nicht nur die Einhaltung der Sondervorschriften für Leseunfähige, sondern auch der allgemeinen Vorschriften für fremdhändige Testamente erforderlich sei. Demnach müsse der letzte Wille, welchen der Erblasser von einer anderen Person niederschreiben lässt, zusätzlich zu drei gleichzeitig anwesenden Zeugen eigenhändig unterfertigt werden. Unterschreibt der leseunfähige Erblasser das Testament nicht, liege lediglich eine mündliche Erklärung des Erblassers vor. Eine solche Erklärung würde lediglich in Ausnahmefällen (sog. „Nottestament“) den Formerfordernissen entsprechen. Nur mit der zusätzlichen Unterschrift des leseunfähigen Erblassers werde den Formerfordernissen genüge getan. Mangels Unterschrift des Erblassers ist das gegenständliche Testament somit ungültig.