Unzulässiges Zusenden nicht bestellter Waren
Stellt sich die Frage nach einer unlauteren und daher unzulässigen Geschäftspraktik, so ist im Allgemeinen zunächst zu prüfen, ob die Geschäftspraktik aggressiv im Sinne des § 1a Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 (UWG) oder irreführend im Sinne des § 2 UWG ist. Davon abgesehen gelten die im Anhang zum UWG aufgezählten Geschäftspraktiken unter allen Umständen als unlauter. Diese „schwarze Liste“ hat abschließenden Charakter und gelten diese Geschäftspraktiken jedenfalls als unlauter, ohne dass eine weitere Beurteilung nach den allgemeinen Verbotsnormen erforderlich wäre. Gemäß Z 29 des Anhanges zum UWG gilt die „Aufforderung des Verbrauchers zur sofortigen oder späteren Zahlung oder zur Rücksendung oder Verwahrung von Produkten, die der Gewerbetreibende ohne Veranlassung des Verbrauchers geliefert hat (unbestellte Waren und Dienstleistungen)“, jedenfalls als unlauter.
Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:
Anfang des Jahres 2016 versandte die Beklagte an Abonnenten ihrer Tageszeitung ein Schreiben, wonach der einmonatige Gratistest zweier Magazine mit 5. März ende und der Abonnent die Magazine abbestellen könne, wenn er das einmalige Sonderangebot zu einem Aufpreis von 4 EUR pro Monat nicht in Anspruch nehmen möchte. Die Beklagte hat demnach zum schon bestehenden Zeitungsabonnement zusätzlich zwei vom betroffenen Verbraucher nicht bestellte Magazine geliefert und damit das bestehende Zeitungsabonnement im Lieferumfang erweitert. Für diese Erweiterung sollte nach der Testphase bei fehlendem Widerspruch des Verbrauchers ein zusätzliches Entgelt gezahlt werden.
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) sah darin eine unlautere Geschäftspraktik und begehrte von der Beklagten die Unterlassung dieser Vorgehensweise. Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht gaben dem Klagebegehren statt. Der OGH bestätigte diese Entscheidung und führte in seiner Entscheidung aus, dass entgegen dem Standpunkt der Beklagten der Begriff „Gewerbetreibender“ jede geschäftlich tätige Person, das heißt jedes Unternehmen im Sinne des Konsumentenschutzgesetz (KSchG) und des Unternehmensgesetzbuch (UGB), umfasse, weshalb nicht nur Gewerbetreibende im Sinne der österreichischen Gewerbeordnung darunter fallen. Bei der gegenständlichen Geschäftspraktik der Beklagten handle es sich um eine nach Z 29 des Anhanges zum UWG verpönte Handlungsaufforderung im Zusammenhang mit tatsächlich erfolgten, unbestellten Warenlieferungen. Der Beklagten sei daher eine unter allen Umständen unlautere Geschäftspraktik vorzuwerfen.