Videoüberwachung des Nachbargrundstückes

May 2018


Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Zwischen dem Kläger und der Beklagten gibt es seit einigen Jahren Streitigkeiten. Die Beklagte, die Eigentümerin eines Hundes ist, fand in ihrem Garten wiederholt leere Glasflaschen, Tierknochen und einmal eine leere Plastikschale mit Resten von Gift vor und vermutete die Beklagte, dass der Kläger Müll auf ihr Grundstück wirft. Deshalb hat die Beklagte an der Fassade ihres Hauses insgesamt vier Videokameras angebracht. Alle Kameras übertragen nur Bilder von der Liegenschaft der Beklagten. Jene Bildteile, die Nachbargrundstücke und auch das Grundstück des Klägers betreffen, sind verpixelt. Die Beklagte selbst kann weder die Kameraeinstellungen noch den durch die Kamera sichtbar gemachten Bereich, also die Systemeinstellungen, selbständig verändern. Dies kann nur der Fachunternehmer, der die Kameras montiert hat, mit Hilfe des „Administratorcode“.

Der Kläger begehrte unter anderem, es künftig zu unterlassen, mittels Videokamera das Haus und den Gartenbereich des Klägers zu überwachen bzw. zu filmen bzw. den Eindruck einer derartigen Tätigkeit mittels Attrappen von Videokameras zu erwecken.

Die beiden Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Der OGH hingegen gab der Revision des Klägers und damit dem Unterlassungsbegehren Folge und führte aus, dass im Anlassfall zunächst davon auszugehen sei, dass die unterhalb des Daches des Hauses der Beklagten (somit einem erhöhten Standort) angebrachten Videokameras jedenfalls auch Teile des Grundstückes des Klägers erfassen, daher auch auf dieses hin ausgerichtet sind und identifizierende Aufnahmen ermöglichen, weil all das den einzigen Grund für die erforderliche Verpixelung darstelle. Die Verpixelung von Teilen der von den Videokameras erfassten Bereiche außerhalb des Grundstückes der Beklagten trete hingegen nur am Bildschirm im Wohnzimmer der Beklagten in Erscheinung und sei daher für einen unbefangenen, objektiven Betrachter von außen nicht erkennbar. Dem Kläger sei unter diesen Umständen die begründete konkrete Befürchtung zuzugestehen, dass er sich im Überwachungsbereich befindet und von den Aufnahmen bzw. Aufzeichnungen erfasst wird. Da somit der Eingriff in die Privatsphäre des Klägers feststehe, könnte dieser Eingriff nur durch eine Interessensabwägung, welche zugunsten der Beklagten ausschlägt, gerechtfertigt sein. Eine solche Interessensabwägung erübrige sich jedoch im vorliegenden Fall, weil eine Videoüberwachung, die auch Teile des Grundstückes des Klägers erfasst, jedenfalls nicht das schonendste Mittel zur Erreichung des Zwecks der Überwachung des eigenen Grundstücks sei. Nach den getroffenen Feststellungen könnten die Kameras nämlich auch so montiert werden, dass diese nicht auf das Grundstück des Klägers gerichtet sind. Da die Videoüberwachung somit die Privatsphäre des Klägers verletze, wurde dem Unterlassungsbegehren Folge gegeben.