Wenn Fußgänger und Radfahrer sich einen Weg teilen
Die zum Unfallzeitpunkt 11-jährige Beklagte ging mit ihrer Schwester und einem an der Leine geführten Hund spazieren, wobei sie dabei zunächst die rechte Seite des Weges zur Gänze ausfüllten. Der Kläger und seine Frau waren mit den Rädern unterwegs und näherten sich von hinten. Sie wollten sich links an der Beklagten, ihrer Schwester und dem Hund vorbeibewegen, machten jedoch vorher nicht mit Klingeln oder durch Zurufen auf sich aufmerksam. Unmittelbar vor dem Passieren der Räder bewegte sich die Beklagte nach links. Die Frau des Klägers reagierte prompt; letzterer konnte jedoch nicht mehr schnell genug reagieren, sodass er mit seinem Fahrrad gegen das Hinterrad seiner Frau prallte, welche dabei zu Sturz kam und sich verletzte.
Die Vorinstanzen wiesen die vom Kläger erhobene Schadenersatzklage gegen die Beklagte ab. Der OGH bestätigte deren Rechtsansicht. Das Verhalten der Beklagten sei nicht rechtswidrig gewesen, vielmehr habe es der Kläger als Radfahrer unterlassen, entsprechend § 22 Straßenverkehrsordnung (StVO) Kontakt durch die Abgabe eines Warnzeichens mit der beklagten Fußgängerin aufzunehmen. Die Beklagte habe im konkreten Anlassfall mangels Warnzeichen des sich von hinten herannahenden Klägers darauf vertrauen dürfen, dass kein Radfahrer naht, den sie durch ihren Schritt nach links gefährden könne. Eine allgemeine Pflicht, dass Fußgänger auf Verkehrsflächen, die für Fußgänger und Fahrräder bestimmt sind, nur die rechte Seite des Weges benutzen dürfen lasse sich nicht aus dem Gesetz ableiten.