Schadenersatz wegen Schaffung einer leicht vermeidbaren Gefahrenquelle im Supermarkt

Schadenersatzrecht
Juli 2022


Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin befand sich in der Supermarktfiliale der Beklagten zum Einkaufen. Zur gleichen Zeit fanden in der Filiale Wartungsarbeiten an den Kühlregalen statt. In der Filiale waren keine Warnschilder aufgestellt oder sonstige Absicherungsmaßnahmen vorhanden, welche auf die Reparaturarbeiten hinweisen sollten. Als sich die Klägerin direkt vor einem Regal befand und die Ware betrachtete, kniete sich direkt neben ihr ein Monteur hin, um seine Arbeit fortzusetzen. Dieser legte ein ca. 1,2 m langes und 20 cm breites Abdeckblech auf den Fliesenboden und ca. 20 cm daneben ein zusammengerolltes Kabel nieder. Dieses dunkelbraune Abdeckblech hob sich vom helleren Fliesenboden in diesem Bereich deutlich ab. Als sich die Klägerin vom Regal wegdrehte und weitergehen wollte, stieg sie auf das vor ihr liegende Blech und rutschte aus.

Die Klägerin begehrte von der beklagten Supermarktbetreiberin Schadenersatz für die erlittenen Verletzungen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und führte hiezu aus, dass von der Supermarktbetreiberin nicht verlangt werden könne, alle möglichen Gefahrenquellen zu beseitigen. Umgekehrt erblickte das Erstgericht ein Verschulden der Klägerin, da diese bei entsprechender Aufmerksamkeit aufgrund der herumliegenden Gegenstände erkennen hätte können, dass in der Filiale Reparaturarbeiten durchgeführt werden und sie darauf reagieren hätte müssen.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung dahingehend ab, dass es dem Klagebegehren der Klägerin unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin von einem Drittel stattgab.

Der OGH führte aus, dass der konkrete Inhalt der Vekehrssicherungspflicht immer von den Umständen des Einzelfalles abhänge, wobei wesentlich sei, ob eine Gefahr für einen sorgfältigen Menschen erkennbar war und welche Maßnahmen zur Vermeidung der Gefahr möglich und zumutbar sind.

Dementsprechend ist der OGH – ebenso wie das Berufungsgericht – der Ansicht, dass mit dem Herumliegen eines Blechstückes auf einem glatten Fliesenboden in einem von Supermarktkunden frequentierten Gangbereich eine nicht für jedermann erkennbare Gefahrenquelle geschaffen wird. Zudem entspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Kunden, die ein Geschäft zum Einkaufen betreten, ihre Blicke vornehmlich auf die Verkaufsregale richten. Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ergebe sich im Anlassfall nicht aus dem Fehlen von Warnungen vor den Reparaturarbeiten, sondern aus der unnötigen, fahrlässigen Schaffung einer leicht vermeidbaren Gefahrenquelle durch die der Beklagten zurechenbaren Handwerker. Den mit der Reparatur beauftragten Monteuren wäre es ganz mühelos möglich und dementsprechend zumutbar gewesen, das Blechstück anders zu positionieren, sodass es keine Gefahr dargestellt hätte. Dem Umstand, dass die Klägerin das Blech bei erhöhter Aufmerksamkeit hätte bemerken und ihm ausweichen können, habe das Berufungsgericht durch die vorgenommene Verschuldensteilung Rechnung getragen. Der OGH bestätigte daher das Urteil des Berufungsgerichtes.