Preisminderung wegen Minderung des Wiederverkaufswerts durch „Reparaturhistorie“ eines Gebrauchtwagens?
Auch beim Gebrauchtwagenkauf stehen dem Käufer grundsätzlich Gewährleistungsansprüche zu. Sie berechtigen den Käufer bei Übergabe eines mangelhaften Fahrzeugs entweder Verbesserung, Preisminderung oder Wandlung (Rückabwicklung des Kaufvertrages) zu verlangen. Dabei hat die Verbesserung Vorrang, lediglich in bestimmten Fällen (zum Beispiel wenn eine Verbesserung unmöglich ist oder bereits erfolglos versucht wurde) können die anderen beiden Gewährleistungsbehelfe geltend gemacht werden.
Einer kürzlich vom OGH entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger hat bei der beklagten Fahrzeughändlerin einen Gebrauchtwagen erworben. Das Fahrzeug war bei der Übergabe schon mangelhaft. Bereits beim Einbau der Frontscheibe des Fahrzeugs im Werk war eine kleine Öffnung im Bereich der Abdichtung zwischen Scheibe und Fahrzeug verblieben. Durch diese Öffnung war bis zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bereits Wasser in das Fahrzeug eingedrungen. Durch die Wasseransammlung kam es vor und nach der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger zu einer Feuchtigkeitsbelastung durch das im Bodenbereich stehende Wasser. Das Wasser stand dabei in einem Bereich, in dem es keinen direkten Kontakt zu Kabeln, Kabelsträngen oder Steuergeräten hatte. Die erhöhte Feuchtigkeit im Fahrzeug führte aber zu einer Oxidationsschicht im Bereich diverser Elektronikbauteile.
Nach der Übergabe erfuhr der Kläger durch eine von ihm beauftragte Firma vom Wassereintritt. Er informierte die beklagte Fahrzeughändlerin von diesem Mangel. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit, dass ein Garantiefall vorliege und er das Fahrzeug zwecks Behebung in der Fachwerkstätte lassen sollte. Die Beklagte beauftragte die Fachwerkstätte mit der Reparatur der Problematik auf ihre Kosten. Bei der Fachwerkstätte wurde daraufhin das Wasser abgelassen und das Fahrzeug in einer Trockenkammer getrocknet. Dabei wurden keine Arbeiten an Elektronikteilen oder an Steuergeräten durchgeführt.
Durch die von der Fachwerkstätte durchgeführten Trocknungsmaßnahmen wurde das Feuchtigkeitsproblem im Fahrzeug behoben. Das hatte zur Folge, dass es zu keinem Voranschreiten der bereits aufgetretenen Oxidationen kommt und der stattgefundene Oxidationsprozess zum Stillstand kam. Es ist grundsätzlich angezeigt, die von einer Oxidationsschicht betroffenen Bereiche zu reinigen und mit einer Fettschicht zu überziehen, was nicht bei allen betroffenen Elektronikbauteilen durchgeführt wurde. Die Bauteile funktionieren aber. Mit einem Fortschreiten der Oxidation ist aufgrund der Trockenlegung nicht zu rechnen. Die Trockenlegung stellte die geeignete Reparaturmaßnahme dar.
Der Kläger verlangte nun die Aufhebung des Kaufvertrages, insbesondere aufgrund des Wasserschadens und des „Oxidationsproblems“. Die Beklagte wandte ein, die Mängel seien durch die durchgeführte Reparatur behoben worden, Vertragsauflösung stehe nicht zu.
Der OGH sprach in seiner Entscheidung aus, dass zwar durch die Reparatur Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs wiederhergestellt worden sei, aber allein schon die „Reparaturhistorie“ des gegenständlichen Gebrauchtwagens, also die Tatsache, dass dieser repariert werden musste, den Wiederverkaufswert des Fahrzeugs schmälere. Es sei somit zu einer objektiven Wertminderung des Fahrzeugs (im Sinn eines merkantilen Minderwerts) gekommen, weshalb das im Vertrag erzielte Übereinkommen über die (subjektive) Gleichwertigkeit zwischen Leistung und Gegenleistung nach wie vor nicht wiederhergestellt sei. Dem Kläger stehe daher grundsätzlich eine Preisminderung zu. Eine Vertragsaufhebung komme aber nicht in Frage, weil der Wertverlust des Fahrzeugs gering sei.