Aufheben von Gegenständen auf einer Bundesstraße
Auf dem Rückweg vom östlichen Fahrbahnrand erfasste die Erstbeklagte mit ihrem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug den Kläger. Der Kläger hatte vor Antritt des Rückwegs – ein bis zwei Sekunden vor der Kollision – nicht in die Annäherungsrichtung des PKW geblickt. Die Erstbeklagte war von einem am Fahrbahnrand mit Warnblinkanlage abgestellten anderen Fahrzeug so abgelenkt, dass sie den an sich aus rund 100 Metern für sie im Abblendlicht erkennbaren Kläger erst so spät als Gefahr wahrnahm, dass sie keine wirksame Bremsung mehr einleiten konnte. Sie hatte ausgehend vom Zeitpunkt der erstmaligen Erkennbarkeit des Klägers eine Reaktionsverspätung von (zumindest) fünf Sekunden zu verantworten.
Die Vorinstanzen gingen von gleichteiligem Mitverschulden der Unfallbeteiligten aus.
Der OGH führte zunächst aus, dass die erstbeklagte Fahrzeuglenkerin ein Verschulden treffe, weil bei Dunkelheit ein mit Abblendlicht fahrender Kraftfahrer – soweit nicht besondere Umstände die Sicht über die vom Abblendlicht erleuchtete Strecke hinaus ermöglichen – grundsätzlich mit einer Geschwindigkeit zu fahren habe, die ihm das Anhalten seines Fahrzeugs innerhalb der Reichweite des Abblendlichts gestattet. Welche Geschwindigkeit konkret zulässig ist, könne nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Die Erstbeklagte habe aber jedenfalls einen massiven Aufmerksamkeitsfehler zu verantworten.
Hinsichtlich des Mitverschuldens des Klägers führte der OGH aus, dass ein Fußgänger, bevor er auf die Fahrbahn tritt, sorgfältig zu prüfen habe, ob er die Straße noch vor Eintreffen von Fahrzeugen mit Sicherheit überqueren kann. Er habe sie sodann in angemessener Eile zu überqueren und darauf zu achten, dass der Fahrzeugverkehr nicht behindert wird. Nach ständiger Rechtsprechung müsse sich jeder Fußgänger weiters beim Überqueren einer „breiten Fahrbahn“ bei Erreichen ihrer Mitte vergewissern, ob sich nicht von seiner rechten Seite her ein Fahrzeug nähert; er müsse stehen bleiben, wenn ein Fahrzeug schon so nahe ist, dass er die Fahrbahn nicht mehr vor diesem gefahrlos überschreiten kann.
Auf Grundlage dieser Judikatur hätten die Vorinstanzen dem Kläger daher jedenfalls vertretbar ein gleichteiliges Mitverschulden angelastet. Zu berücksichtigen sei nämlich, dass der Kläger im Bereich der Sperrlinie eine Drehung um 180 Grad vollzogen und damit die Überquerung der Fahrbahn nicht fortgesetzt, sondern insoweit eine neuerliche (Rück-)Überquerung begonnen hat. Damit wäre der Kläger verpflichtet gewesen, vor Antreten des Rückwegs in Richtung Süden zu blicken. Bei Antritt des Rückwegs habe der Kläger den von der Erstbeklagten befahrenen Fahrstreifen nach den Feststellungen nämlich nicht mehr gefahrlos überqueren können. Die von den Vorinstanzen vorgenommene, gleichteilige Verschuldensteilung halte sich daher im Rahmen der Rechtsprechung.