Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund

Vertragsrecht
Februar 2023

Dauerschuldverhältnisse können generell aus wichtigen Gründen vor Ablauf der vereinbarten Zeit ohne Anwendung der sonst anwendbaren Kündigungstermine und Kündigungsfristen aufgelöst werden. Das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit der Fortsetzung eines Vertragsverhältnisses ist allen Tatbeständen vorzeitiger Beendigung immanent und dient der Abgrenzung bloß geringfügiger Verstöße von tatbestandsmäßigen Begehungshandlungen, wobei das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gerechtfertigte vorzeitige Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden kann.

In einer kürzlich entschiedenen Rechtssache hat der Oberste Gerichtshof (OGH) ausgeführt, dass ein Alleinvermittlungsauftrag, als typischer Fall eines befristeten Maklervertrages (= Dauerschuldverhältnis), nach § 12 Abs 2 Maklergesetz bei Vorliegen wichtiger Gründe von jedem Vertragspartner ohne Einhaltung einer Frist vorzeitig aufgelöst werden kann. Ein wichtiger Grund für die fristlose Auflösung sei dann anzunehmen, wenn besondere Umstände einem Teil die Fortsetzung des Maklervertrags nicht mehr zumutbar erscheinen lassen; welche Gründe in diesem Fall die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar machen, müsse immer aufgrund einer Interessensabwägung (Gegenüberstellung von Auflösungsinteresse einerseits und Bestandsinteresse andererseits) festgestellt werden. Neben in der Person des Maklers liegenden Gründen würden auch Umstände in Betracht kommen, die in der Person des Auftraggebers liegen oder durch anderweitige Dritte herbeigeführt werden.

Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen eine gerechtfertigte Auflösung des Alleinvermittlungsauftrags wegen Vertrauensverlustes im Einzelfall bejaht, weil der Geschäftsführer der klagenden Maklergesellschaft einen grob unhöflichen und unflätigen, unprofessionellen und respektlosen Umgangston gegenüber dem Auftraggeber gepflogen hat, weil die Klägerin entgegen dem wiederholt ausdrücklich geäußerten Auftrag des Beklagten, der mehrere Liegenschaften strikt nur gemeinsam verkaufen wollte, beharrlich eigenmächtig Inserate geschaltet hat, aus denen eine separate Käuflichkeit der Liegenschaft hervorgegangen ist, und weil der Geschäftsführer der Klägerin Telefongespräche mit dem Beklagten ohne dessen Wissen und Zustimmung heimlich auf Tonband aufgezeichnet hatte.

Da sich die Beurteilung der Vorinstanzen nach Ansicht des OGH im Rahmen der Rechtsprechung und des ihnen im Einzelfall dabei zukommenden Ermessensspielraums halte, wurde die Revision der Klägerin zurückgewiesen und damit die Urteile der Vorinstanzen bestätigt.