"Bürgermeister Hotzenplotz" und das Urheberrecht
Ein von ihnen kritisierter Bürgermeister wurde ebenso wie der „Räuber Hotzenplotz“ stehend hinter einem Zaun mit einem dem „Räuber Hotzenplotz“ vergleichbaren „Räuber-Hut“ grafisch illustriert. Das Rekursgericht vertrat hierzu die Ansicht, dass durch die Verwendung der zeichnerischen Darstellung des „Räuber Hotzenplotz“ laut Buchcover in der politischen Kampagne der Beklagten in unzulässiger Weise in die Urheberrechte des klagenden Verlags eingegriffen wird.
Der OGH hielt fest, dass es sich beim Buchcover sowie der speziellen Darstellung des „Räuber Hotzenplotz“ um ein fremdes Werk handelt, das urheberrechtlichen Schutz genießt. Die Beklagten führten hierzu jedoch aus, dass ihre Veröffentlichungen als selbstständige Neuschöpfungen im Sinne des § 5 Abs 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) einzustufen seien. In der ständigen Rechtsprechung des OGH wird zur zulässigen freien Benützung eines fremden Werks im Sinne des § 5 Abs 2 UrhG angeführt, dass ein fremdes Werk lediglich als Anregung dienen darf und im neu geschaffenen Werk vollständig in den Hintergrund treten muss. Insgesamt müssen an das Vorliegen der freien Benützung sehr strenge Anforderungen gestellt werden. Vor diesem Hintergrund sah das Höchstgericht die Ansicht des Rekursgerichts für nachvollziehbar, dass die Beklagten eben nicht bloß den Grundgedanken des Räubers aufgriffen, sondern durch die nahezu gleiche Darstellung des Bürgermeisters geradezu die für den „Räuber Hotzenplotz“ prägenden und wesentlichen Elemente übernommen haben. Schlussendlich wurde die freie Benutzung nach § 5 Abs 2 UrhG zulässigerweise vom Rekursgericht verneint.
Die Beklagten stützten sich weiters auf § 42f Abs 2 UrhG, wonach ein veröffentlichtes Werk für die Nutzung zum Zweck von Karikaturen, Parodien oder Pastiches für diese Zwecke veröffentlicht werden darf. Auch diese Rechtsansicht teilte das Rekursgericht allerdings nicht. Der klagende Verlag sei durch die Verwendung seines Buchcovers ungewollt in eine politische Auseinandersetzung zwischen den Beklagten und dem Bürgermeister hineingezogen worden, ohne sich selbst positionieren zu können. Weiters hätte die politische Botschaft auch ohne den Eingriff in die Urheberrechte vermittelt werden können, sodass im Ergebnis das Ausnützen der Bekanntheit des Räubers im Zentrum der Absicht der Beklagten stand. Auch diese Argumentationslinie wurde vom OGH als vertretbar und als im Rahmen des Beurteilungsspielraums des Rekursgerichts eingestuft. Die umfassende Berücksichtigung der Interessen eines Urhebers, somit des klagenden Verlags, steht hierbei auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Nutzung zum Zwecke von Parodien. Demnach muss im konkreten Fall stets ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen und den Rechten der Urheber und der freien Meinungsäußerung des Nutzers gewahrt werden, wofür sämtliche Umstände zu berücksichtigen sind. Folgt man dieser Ansicht, so endet die Freiheit der Parodie eben nicht erst in Fällen, in denen sich jemand diskriminierender Inhalte bedient oder nachweislich materielle Interessen verletzt, wie von den Beklagten behauptet. Sondern muss bereits das Interesse, dass ein Kinderbuch nicht in einen politischen Konflikt involviert wird, beachtet werden. Die Rechtsansichten des Rekursgerichts wurden daher im Ergebnis vom OGH bestätigt und als mit seiner bisherigen Rechtsprechung und jener des EuGH vereinbar angesehen.