Einstweilige Verfügung gegen überwachenden Ehegatten

November 2017

Nach § 382b Exekutionsordnung (EO) hat das Gericht einer Person, die einer anderen Person durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammenleben unzumutbar macht, auf deren Antrag


das Verlassen der Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung aufzutragen und

die Rückkehr in die Wohnung und deren unmittelbare Umgebung zu verbieten,

wenn die Wohnung der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Antragstellers dient.

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Die antragstellende Ehegattin und ihr Noch-Ehemann (Antragsgegner) befinden sich in einem anhängigen Scheidungsverfahren. Zudem behängt ein Pflegschaftsverfahren, in dem es um die Aufhebung der gemeinsamen Obsorge für die beiden minderjährigen Kinder geht.

Der Ehegatte hat in der Küche der gemeinsamen Wohnung (Ehewohnung) ohne Wissen seiner Ehegattin ein Handy als Aufnahmegerät eingerichtet und damit u.a. Gespräche seiner Ehegattin mit ihrer Mutter und ihrem Rechtsvertreter aufgenommen. Zudem hat er die WhatsApp-Kommunikation seiner Ehegattin mit einem näher bezeichneten Mann und mit ihrer Mutter fotografiert und kopiert. Diese Informationen verwendete der Ehegatte in den anhängigen Gerichtsverfahren. Die Ehegattin fühlt sich dadurch in der Wohnung ständig beobachtet und lebt in der Angst, dass jedes Wort, welches sie in der Ehewohnung zu wem auch immer spricht, wieder von ihrem Ehegatten aufgezeichnet wird. Zudem leidet sie an Schlafstörungen. Die Ehegattin hat daher eine Einstweilige Verfügung beantragt, wonach ihrem Ehegatten aufgetragen werden soll, die Ehewohnung und deren unmittelbare Umgebung zu verlassen und nicht wieder zurückzukehren.

Nachdem das Erstgericht und das Rekursgericht den Antrag der Ehegattin abgewiesen haben, entschied der OGH, dass die Voraussetzungen für die Erlassung der beantragten Einstweiligen Verfügung im vorliegenden Fall gegeben sind. Begründend führt der OGH aus, dass das Verhalten des Ehegatten ein weiteres Zusammenleben unzumutbar macht. „Psychoterror“ sei nämlich nicht nach objektiven, sondern nach subjektiven Kriterien zu beurteilen. Von Bedeutung sei daher nicht ein Verhalten, das der Durchschnittsmensch als „Psychoterror“ empfände, sondern die Wirkung eines bestimmten Verhaltens gerade auf die Psyche der Antragstellerin. Das von ihrem Ehegatten zu verantwortende Überwachen und Ausspionieren der Telefonkontakte und seine „Beweismittelbeschaffungen“ für die anhängigen Gerichtsverfahren stellen schwerwiegende Vertrauensbrüche und unerträgliche Eingriffe in die Privatsphäre eines Ehegatten dar, die auch im Rahmen eines anhängigen Scheidungsverfahrens keinesfalls zu tolerieren seien. Dies stelle eine Situation dar, die der Antragstellerin ein weiteres Zusammenleben mit ihrem Noch-Ehegatten unzumutbar macht. Die Einstweilige Verfügung wurde daher erlassen.