Freeride-Parcours - keine Haftung des Errichters

Mai 2018


In unserem Newsletter-Beitrag „Aufklärung über Sicherheitsrisiken beim ‚Blobbing‘“ haben wir im Dezember 2017 berichtet, dass nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes (OGH) derjenige, der an einer gefährlichen sportlichen Veranstaltung teilnimmt, das damit verbundene, in der Natur der betreffenden Veranstaltung gelegene Risiko, jedenfalls soweit er es kennt oder kennen muss, auf sich nimmt und auf eigene Gefahr handelt.

In einer kürzlich entschiedenen Rechtsache beschäftigte sich der OGH mit ähnlichen Rechtsfragen, wobei dieser Rechtssache nachfolgender Sachverhalt zu Grunde lag:

Der Kläger verletzte sich bei der Fahrt mit seinem Mountainbike auf einem (frei zugänglichen) sogenannten Freeride-Parcours, der vom beklagten Verein errichtet wurde und unentgeltlich zu benützen war. Der Kläger gehörte einer Gruppe erfahrener Moutainbiker aus den Niederlanden an, die in den Tagen zuvor einige Moutainbike-Routen, Wanderwege und öffentliche Straßen, jedoch keine speziellen Parcours befuhren. Die Bewältigung des Freeride-Parcours der Strecke sollte der krönende Abschluss ihrer Tour sein. Die Gruppe wollte sich bewusst einer Herausforderung stellen.

Die Teilnehmer der Gruppe waren keine Freerider oder Downhill-Fahrer und auch nicht mit entsprechender Schutzausrüstung (z.B. Vollvisierhelm, Protektoren) ausgestattet. Schon aus der Gestaltung des Startbereichs geht für einen durchschnittlichen Mountainbiker hervor, dass es sich um keine gewöhnliche Mountainbike-Strecke handelt, sondern um eine technische Strecke, auf der mit besonderen Herausforderungen und Hindernissen zu rechnen ist. Es ist für jedermann erkennbar, dass besondere Vorsicht geboten ist. Auch einem gewöhnlichen Mountainbiker ist bekannt und bewusst, dass vor der erstmaligen Fahrt eine Besichtigung einer solchen Strecke mit ihren Hindernissen notwendig und auch üblich ist.

Aufgrund von Hinweisen eines Gruppenmitglieds, das die Strecke gut kannte, wusste der Kläger von Hindernissen auf der Strecke, eine Besichtigung führte er nicht durch. Er absolvierte bereits eine Runde unfallfrei und wurde danach vom besagten Gruppenmitglied aufgefordert, bei einem bestimmten Hindernis aufzupassen. Bei diesem Hindernis handelt es sich um eine künstliche Brücke (Plattform), die in ihrem mittleren Bereich (nicht aber auf der rechten und linken Seite) abrupt endete. In diesem Bereich kam der Kläger bei seiner zweiten Runde zu Sturz und verletzte sich schwer.

In weiterer Folge begehrte der Kläger vom beklagten Verein, welcher den Parcours errichtet hat, ein Teilschmerzengeld von € 70.000,-. Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Der OGH bestätigte die Rechtsansicht der Vorinstanzen und führte aus, dass die mit der Benutzung der Brücke verbundenen Gefahren für einen durchschnittlichen Teilnehmer des Parcours erkennbar waren und der Kläger von dem für ihn – wegen seiner Fahrweise – „ungünstigen“ abrupten Ende des Hindernisses nicht mehr überrascht hätte werden können, weil er vor dem Unfall bereits den gesamten Parcours mit weitaus gefährlicheren Hindernissen absolvierte und auch daran erinnert wurde, auf die konkrete Stelle aufzupassen. Zudem habe sich der Kläger eigenverantwortlich und bewusst auf die mit der Risikosportart verbundenen Gefahren eingelassen.