Gutscheine mit einjähriger Gültigkeitsdauer sind unrechtmäßig

Allgemeines Zivilrecht Vertragsrecht
August 2023

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) werden von Unternehmen regelmäßig im rechtsgeschäftlichen Kontakt mit Verbrauchern verwendet. Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag eine Kontrolle solcher AGB zu Grunde: Der klagende Verein für Konsumenteninformation begehrte die Unterlassung der Verwendung einiger Klauseln im Zusammenhang mit Gutscheinkarten. Besagte Gutscheinkarten konnten im Service Center der beklagten Bank und online auf der Website der Beklagten sowie in anderen Bezugsstellen erworben werden und sodann in bestimmten Einkaufszentren und dort ausgewählten Geschäften als Zahlungsmittel eingelöst werden.

Die Nutzungsbedingungen, die mit der Klage bekämpft wurden, sahen zusammengefasst vor, dass die Wertkarten welche nur einmalig mit einem Guthaben zwischen € 10,- und € 150,- aufgeladen werden konnten, nur 12 Monate ab dem Ausstellungsdatum gültig sein sollten und die Gültigkeitsdauer nicht automatisch erneuert werde. Neben der Verwendung der Gutscheine als Zahlungsmittel war auch die Möglichkeit des Eintausches der Wertkarte bei der Beklagten möglich. Für einen solchen Fall war ein Entgelt in der Höhe von 5 % des restlichen Guthabens, mindestens jedoch € 2,- und maximal € 5,- vorgesehen. Das Eintauschen war darüber hinaus auch nach der einjährigen Gültigkeitsdauer möglich, jedoch behielt sich die Beklagte in einem solchen Fall zudem ein monatliches Bereithaltungsentgelt in der Höhe von 2 Euro vor, welches vom vorhandenen Guthaben abgezogen werden sollte.

Die Klägerin monierte die eingeschränkte Gültigkeitsdauer sowie die Bereithaltungs- und Rücktauschgebühren. Die Vertragsbedingungen stellten nicht sicher, dass Karteninhaber vor Ablauf eines Jahres vom Gültigkeitsablauf und der drohenden Rücktauschgebühr verständigt werden. Demnach sei die Gefahr, dass Verbraucher auf das Einlösen des Guthabens vergessen und daraus resultierende nachteilige Folgen zu tragen hätten, beträchtlich. Die Klausel über das Bereithaltungsentgelt sei zudem gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs. 3 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), weil sie dazu führe, dass das Guthaben je nach Höhe binnen weniger Monate, jedenfalls aber binnen weniger Jahre, aufgezehrt werde. Für den „schleichenden Verfall“ des nicht verwendeten Kartenguthabens sei keine sachliche Rechtfertigung erkennbar.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und stützte sich auf den Standpunkt, dass das Bereithaltungsentgelt und die Rücktauschgebühren Kosten von Dienstleistern decken derer sich die Beklagte für das Funktionieren des Wertkartensystems bediene.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt und das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Beklagte erhob daraufhin ordentliche Revision an den OGH, welcher zu folgender rechtliche Beurteilung kam:

Der OGH stellte klar, dass eine Nutzungsbedingung, wonach die Gutscheinkarte nach Ablauf von 12 Monaten ohne Rücktauschmöglichkeit ungültig wird, jedenfalls gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs. 3 ABGB ist, weil Gutscheine erst nach Ablauf von 30 Jahren nach Erwerb ihre Gültigkeit verlieren. Auch das Entgelt für den Rücktausch vor Ablauf der Gültigkeitsdauer bzw. nach mehr als einem Jahr sei – entgegen der Ansicht der Beklagten, welche vorbrachte, dass ein Entgelt niemals gröblich benachteiligend sein könne – als gröblich benachteiligend zu qualifizieren. Mit Ablauf der Gültigkeitsdauer der Karte endet das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Karteninhaber, sodass die Beklagte ein noch vorhandenes Guthaben nach den allgemeinen bereicherungsrechtlichen Grundsätzen auszufolgen hätte. Für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtung dürfe sie an sich kein Entgelt verlangen, sondern nur die tatsächlich durch den Rücktausch verursachten Kosten begehren. Auch die Klausel im Zusammenhang mit dem Bereithaltungsentgelt sei gröblich benachteiligend. Die Beklagte konnte zudem weder für die verkürzte Gültigkeitsdauer noch für die festgesetzten Beträge, die bei einem Rücktausch anfallen, eine sachliche Rechtfertigung liefern. Der OGH bestätigte somit die Entscheidungen der Vorinstanzen und die Beklagte wurde dazu verpflichtet, österreichweit in einer Samstags-Ausgabe der „Kronen Zeitung“ das Urteil zu veröffentlichen.