Keine Aufklärungsverpflichtung über Insolvenzrisiko

Unternehmensrecht Allgemeines Zivilrecht
Februar 2019


Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) ist der Anlageberater zur Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet. Welche Verhaltenspflichten ihn dabei im Einzelnen treffen, kann jedoch nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten ist nämlich von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageprojekt beziehen. Die den Anlageberater treffenden Verhaltenspflichten sind daher regelmäßig nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Käufer einer Anleihe waren zu Investments mit einem mittleren Risiko bereit. Der Berater der Beklagten teilte ihnen mit, es handle sich um Unternehmensanleihen. Er wies darauf hin, dass dabei „schon etwas passieren kann“ bzw. legte dar, dass „höhere Zinsen mit einem bisschen mehr Risiko verbunden sind“. Davon abgesehen wurde die Anleihe grundsätzlich als unbedenklich und sicher beschrieben. Über das Vermögen des Unternehmens, welche die Anleihe emittiert hat, wurde im Juli 2013 die Insolvenz eröffnet. Zum Zeitpunkt des Erwerbs der Anleihen gab es keinerlei Anhaltspunkte für eine bevorstehende Insolvenz.

Der Käufer begehrten daher die Aufhebung zweier Verträge und die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen die Übertragung der erworbenen Anleihen, dies mit der Begründung, dass sie nicht über das Totalverlustrisiko informiert worden seien. Die Beklagte habe zudem ihr Wissen über die mangelhafte Bonität der Emittentin verschleiert.

Der OGH führte in seiner Entscheidung aus, dass nach der Rechtsprechung bei der Anlageberatung keine generelle gesetzliche Pflicht bestehe, auf das allgemeine Insolvenzrisiko eines Emittenten hinzuweisen. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Beklagte mangels ihr erkennbarer Anhaltspunkte für eine Insolvenz der Emittentin nicht verpflichtet war, die Anleger vor dem grundsätzlich mit jeder Anlegung verbundenen Insolvenzrisiko zu warnen, halte sich daher im Rahmen der Rechtsprechung.

Außerdem habe die Beklagte durchaus auf gewisse Risiken hingewiesen. Davon abgesehen, hätten die Anleger ohnedies keine „quasi risikofreie“ Anlage angestrebt, sondern seien diese vielmehr zu einem Investment mit mittlerem Risiko (Klasse 3, einschließlich eines Verlustrisikos „in besonderen Ausnahmefällen bis zu 100%“) bereit gewesen. Die Klage wurde daher abgewiesen.