Keine Haftung des Wohnungseigentümers für Schäden bei Hausbau

Liegenschaftsrecht
Mai 2020


Gemäß § 364b Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) darf ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden oder das Gebäude des Nachbars die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass der Besitzer des Grundstückes für eine genügende anderweitige Befestigung Vorsorge trifft.

Kommt es durch den Verlust der erforderlichen Stütze zu einem Schaden an der Liegenschaft des Nachbarn, kann dieser Schadenersatz verlangen. Gegner dieses Schadenersatzanspruches kann jeder dinglich oder obligatorisch Berechtigte oder auch ein bloß faktischer Nutzer sein, sofern er die Störungsquelle beherrscht. Für die Haftung des Eigentümers ist damit das Vorliegen einer Schädigung erforderlich, die in irgendeiner Weise mit seiner Verfügungsmacht als Grundeigentümer zusammenhängt, sei es, dass er die Liegenschaft in einen Schaden hervorrufenden Zustand versetzt oder in einem solchen belässt.

In einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache hat der OGH ausgeführt, dass die Frage, ob ein einzelner Mit- oder Wohnungseigentümer, der nicht unmittelbarer Störer ist, dennoch selbständig und allein wegen nachbarrechtlicher Ansprüche haftbar gemacht werden kann, davon abhängt, ob er die Störung allein beherrschen kann. Dieser Entscheidung lag der Sachverhalt zu Grunde, dass der Erstbeklagte Alleineigentümer einer Liegenschaft war und diese an einen Bauträger verkaufte, der Wohnungseigentum begründete und im Gegenzug eine Wohnung dem Erstbeklagten (Verkäufer) überließ. Die beiden anderen Wohnungen wurden an den Zweit- und Drittbeklagten verkauft. Nach Eintragung des Eigentumsrechtes der Erst- bis Drittbeklagten im Grundbuch kam es im Zuge von Abbrucharbeiten des Altbaus auf der Nachbarliegenschaft der Klägerin zu Setzungen im Bereich der Feuermauer.

Die Klägerin brachte daher eine Schadenersatzklage gegen die erst- bis drittbeklagten Eigentümer sowie das viertbeklagte Bauunternehmen ein. Der Bauträger war zwischenzeitlich insolvent. Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Der OGH bestätigte diese Entscheidung und führte aus, dass die beklagten Wohnungseigentümer auf die Auswahl und die Arbeit des viertbeklagten Bauunternehmens keinen Einfluss hatten und die Einstellung der Arbeiten daher nicht bewirken konnten. Zwar seien die Erst- bis Drittbeklagten zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes bereits Wohnungseigentümer gewesen, jedoch können auch Wohnungseigentümer die Störungsquelle (Bau der Wohnungen) nicht besser beherrschen als schlichte Miteigentümer (und erst zukünftige Wohnungseigentümer). Da die Erst- bis Drittbeklagten somit nicht imstande und berechtigt waren, den Bau der Wohnungen zu beherrschen, wurde die Klage zu Recht abgewiesen.