Mietzinsminderung wegen COVID-19-bedingter Unbrauchbarkeit des Mietgegenstandes
Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Beklagte ist Eigentümer eines Hauses, in dem sich ebenerdig ein von der Klägerin gemietetes Sonnenstudio befindet. Das Bestandverhältnis unterliegt dem MRG. Vereinbarte Verwendungszwecke sind „Sonnenstudio und artverwandte Tätigkeiten samt arttypischen Nebenbereichen wie Getränkeausschank, Verkauf Zubehör/Pflegeartikel etc.“ Aufgrund des Betretungsverbotes nach der seinerzeit geltenden COVID-19-Verordnung konnte die Klägerin den Mietgegenstand (zumindest) im April 2020 weder für den sonst üblichen Betrieb ihres Sonnenstudios samt Nebentätigkeiten, wie den Verkauf von Getränken, nutzen, noch lagerte sie Gegenstände, insbesondere auch keine Getränke, dort ein.
Die Klägerin begehrte daher die Feststellung, dass sie im klagsgegenständlichen Zeitraum (April 2020) von der Entrichtung des Mietzinses zur Gänze befreit gewesen sei. Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht gaben der Klage Folge. Der OGH bestätigte diese Entscheidung und führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass gemäß § 1104 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) kein Mietzins zu entrichten sei, wenn die in Bestand genommene Sache wegen „außerordentlicher Zufälle“, namentlich (ua) wegen „Feuer, Krieg oder Seuche, großer Überschwemmungen (oder) Wetterschläge“, gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann. Nach Ansicht des OGH stelle auch die COVID-19-Pandemie einen Anwendungsfall des § 1104 ABGB dar. Auch wenn die Einrichtungsgegenstände des Solarstudios im April 2020 im Lokal verblieben, lasse sich eine teilweise Nutzung und der daraus gefolgerte Anspruch auf (teilweise) Leistung des vereinbarten Bestandzinses daraus nicht ableiten, zumal auch sonst keine eingeschränkte Verwendung, etwa für administrative Tätigkeiten oder zu Lagerzwecken, in Betracht gekommem sei. Dies sei für die Klägerin weder erforderlich noch sinnvoll möglich gewesen. Die Klägerin als Mieterin des Sonnenstudios war daher im klagsgegenständlichen Zeitraum (April 2020) nicht verpflichtet, einen Mietzins zu bezahlen.
Eine in der Praxis häufig auftretende Frage ist, ob der während eines geltenden Betretungsverbotes bzw. der während COVID-19-bedingter Unbenützbarkeit des Mietgegenstandes dennoch bezahlte Mietzins zurückgefordert werden kann. Zur Beantwortung dieser Frage ist auf bereicherungsrechtliche Grundsätze zurückzugreifen:
§ 1431 ABGB regelt den Hauptfall der Leistungskondiktion, nämlich die Rückforderung einer irrtümlichen Leistung einer Nichtschuld. Die Leistung muss im Verhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger rechtsgrundlos sein. Wenn ein Anspruch auf Mietzinsminderung gemäß § 1104 ABGB besteht, der Mietzins aber dennoch bezahlt wurde, liegt jedenfalls eine rechtsgrundlose Leistung vor. Die entscheidende Frage ist daher, inwiefern die Leistung – insbesondere bei einer Vereinbarung mit dem Vermieter in Kenntnis der seinerzeit höchstgerichtlich nicht geklärten Rechtslage, ob ein Anspruch auf Mietzinsminderung aufgrund der COVID-19-Pandemie besteht oder nicht – irrtümlich erfolgt ist oder nicht. Unter einem Irrtum ist nach § 871 ABGB eine mangelnde oder falsche Vorstellung von der Wirklichkeit zu verstehen. Der OGH geht bisweilen – wenn auch nach einigen Meinungen in der Lehre zu Unrecht – vom Erfordernis eines Vorbehalts bei Zweifel aus, will der Kondiktionsgläubiger nicht seinen Rückforderungsanspruch verlieren. Das trifft aber nur dann zu, wenn in der vorbehaltlosen Zahlung ein (konstitutives) Anerkenntnis zu sehen ist. Wurde jedoch eine Vereinbarung getroffen, wonach z.B. 50% des Mietzinses bezahlt wurden, wird eine Rückforderung bei vorbehaltloser Zahlung in der Regel nicht möglich sein, weil aufgrund der getroffenen Vereinbarung ein neuer Rechtsgrund für die Zahlung geschaffen wurde und sohin keine rechtsgrundlose Leistung mehr vorliegt.