Mitverschulden bei fehlender Motorradschutzkleidung im Ortsgebiet
In unserem Newsletter-Beitrag „Mitverschulden bei fehlender Motorradschutzkleidung“ haben wir im November 2015 berichtet, dass ein Motorradfahrer nach neuester Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) die Kürzung von Schmerzengeldansprüchen zu erwarten hat, wenn dieser mangels Motorradschutzkleidung Verletzungen erlitten hat, die er bei Tragen entsprechender Schutzkleidung nicht erlitten hätte. In seiner Entscheidungsbegründung führte der OGH aus, dass aufgrund den vom OGH entwickelten Grundsätzen betreffend die Helmpflicht für Rennradfahrer ein Mitverschulden des Klägers nur dann bejaht werden könne, wenn sich ein allgemeines Bewusstsein der beteiligten Kreise in Österreich gebildet hat, dass ein einsichtiger und vernünftiger Motorradfahrer wegen der erhöhten Eigengefährdung entsprechende Motorradschutzkleidung trägt, was im Entscheidungszeitpunkt bei lebensnaher Einschätzung jedenfalls zu bejahen sei. Nach Ansicht des OGH sei von einem „allgemeinen Bewusstsein der beteiligten Kreise“ in Österreich auszugehen, dass ein „einsichtiger und vernünftiger“ Fahrer wegen der erhöhten Eigengefährdung auch eine adäquate Schutzkleidung trägt. Der OGH gelangte deshalb zu dem Ergebnis, dass die Differenz zwischen dem tatsächlich angemessenen Schmerzengeld und jenem (geringeren) Schmerzengeld, welches im Falle des Tragens von Schutzkleidung angemessen wäre, um 25 % zu kürzen ist. Dieser Entscheidung des OGH lag ein Verkehrsunfall auf einer Freilandstraße bei einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h zu Grunde.
Der OGH führt in der kürzlich entschiedenen Rechtssache aus, dass die oben genannten Grundsätze auch bei Motorradfahrten im Ortsgebiet zur Anwendung gelangen. Zwar würden im Ortsgebiete geringere Geschwindigkeiten erreicht und stelle das Tragen von Schutzbekleidung bei kürzeren Strecken im Ortsgebiet einen relativ gesehen größeren Aufwand dar, jedoch stelle die starke Beschleunigung von Motorrädern gerade im Ortsgebiet ein besonderes Risiko dar. Zudem herrsche im Ortsgebiet tendenziell ein größeres und dichteres Verkehrsaufkommen, womit ebenfalls eine Gefahrenerhöhung einhergehe, und seien Motorräder auch instabiler und unhandlicher. Diese Ausweitung der Rechtsprechung stelle keine Verpflichtung zum Tragen von Motorradschutzkleidung dar, sondern begründe lediglich eine Aufteilung des Risikos zwischen Schädiger und Geschädigtem, wenn der Geschädigte keine Schutzkleidung trägt.