Regressanspruch der Versicherung gegenüber Mieter?
Der Beklagte zahlte entsprechend dem Mietvertrag anteilig die Kosten für diese Versicherung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung. Im Juli 2017 beauftragte der Beklagte die Erstnebenintervenientin eine Küche für seine Wohnung zu planen, zu liefern und samt Elektrogeräte einzubauen, welche sich wiederum zur Montage Subunternehmen bediente. Im Rahmen der Montage führte der Drittnebenintervenient auch den Wasseranschluss und den Anschluss an den vorhandenen Speicher durch. Dabei wurde der drucklose Untertisch-Kleinspeicher, der von der Vermieterin zur Verfügung gestellt worden war, angeschlossen. An der Rückseite des Außengehäuses befand sich ein Aufkleber mit folgender Aufschrift: „Achtung! Montageanleitung beachten druckloser Speicher.“ Die vom Beklagten und Erstnebenintervenienten ausgesuchte Küchenarmatur wurde in der Montageanleitung als „Nicht als Niederdruck-Armatur für drucklose (offene) Systeme geeignet“ angegeben. Dem Drittnebenintervenient, der die Montage vornahm, war nicht bekannt, dass der Anschluss einer druckfesten Armatur an einen drucklosen Speicher problematisch sein kann und hatte er auch die Montageanleitung, welche eine diesbezügliche Warnung enthielt, nicht gelesen. Der Anschluss hatte zur Folge, dass der Unterdruckspeicher durch Überdruck geborsten ist, in Folge dessen über eine Dauer von fünf bis zehn Stunden rund 3000 Liter Leitungswasser ausgetreten sind.
Die Klägerin bezahlte die Kosten für die Sanierung des Schadens (an die Vermieterin) und wollte sich beim Beklagten für die entstandenen Kosten regressieren. Sie begründete dies damit, dass der Schadenersatzanspruch der Vermieterin in eben dieser Höhe nach § 67 Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) auf sie übergangen sei. Die Nebenintervenienten seien dem Beklagten als Erfüllungsgehilfen zuzurechnen und sei ein Regressverzicht zugunsten der Mieter im Versicherungsvertrag mit der Vermieterin nicht vereinbart gewesen.
Der OGH hatte in seiner Rechtsprechung bisher die Ansicht vertreten, dass das Sachersatzinteresse des Mieters des Versicherungsnehmers in die Gebäudeversicherung auch dann nicht miteinbezogen wird, wenn der Mieter im Rahmen der Betriebskostenüberwälzung die Prämien für diese Versicherung trägt. Mit der gegenständlichen Entscheidung nahm der erkennende Fachsenat eine Neubewertung der Frage vor und führte aus:
Nach § 67 Abs. 1 VersVG geht der Anspruch auf Ersatz des Schadens, der dem Versicherungsnehmer gegen einen Dritten zusteht, auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Der Ausdruck „Schadenersatzanspruch“ ist in diesem Zusammenhang im weitesten Sinn zu verstehen und bezieht sich gleichermaßen auf Rückgriffsansprüche, Ausgleichsansprüche, Bereicherungsansprüche und anderes. Dritter im Sinne des § 67 Abs. 1 VersVG ist jeder, der nicht Versicherungsnehmer oder Versicherter ist. Die Versicherung gegen Leitungswasser bietet Schutz gegen Schäden, die durch den Eintritt von Wasser aus Zu- oder Ableitungsrohren oder angeschlossenen Einrichtungen von Wasserleitungs-, Warmwasserversorgungs- oder Zentralheizungsanlagen sowie aus Etagenheizungen entstehen. Neben dem Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers besteht ein Interesse der Personen, die mit der Sache in Berührung kommen, daran, nicht wegen der Beschädigung oder Zerstörung oder des Verlustes der Sache haftpflichtig zu werden. Die Mitversicherung des Sachersatzinteresses hat zur Folge, dass der Versicherer im Schadensfall gegen diesen Personenkreis keinen Regress nehmen kann, wenn er den geschädigten Eigentümer entschädigt hat. Den Ausgangspunkt für eine Erweiterung des Versicherungsschutzes auf Fremdinteressen bildet § 80 Abs. 1 VersVG. Danach gilt eine Versicherung nur dann für eigene Rechnung genommen, wenn sich aus den Umständen nicht ergibt, dass sie für einen anderen genommen werden soll. Entsprechend dem Wortlaut muss die Fremdversicherung daher nicht ausdrücklich in der Polizze als solche bezeichnet werden. § 80 Abs. 1 VersVG spricht zwar die Vermutung aus, dass die Versicherung als für eigene Rechnung genommen gilt, wenn sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt. Diese Vermutung ist aber widerlegbar.
Nach der Rechtsprechung setzt der Abschluss einer Versicherung auf fremde Rechnung regelmäßig voraus, dass die Absicht des Versicherungsnehmers auf eine solche Versicherung gerichtet war und dass der Versicherer diese Absicht aus den Umständen erkennen konnte. Bei der Auslegung eines Vertrags, der keinen ausdrücklichen Einschluss eines Fremdinteresses enthält, ist immer eine Interessenabwägung vorzunehmen: Der Umstand, dass die Benutzung der versicherten Sache durch bestimmte Dritte vorgesehen ist, spricht zunächst für das Interesse dieser Personen, in den Versicherungsvertrag einbezogen zu werden. Wird eine damit verbundene Gefahrenerhöhung durch eine entsprechende Prämienanpassung ausgeglichen, dann ist auch die Zustimmung des Versicherers zum Einschluss derartiger Fremdinteressen anzunehmen.
Geht es um die Einbeziehung des Besitzers einer Sache in die vom Eigentümer genommene Versicherung, entscheidet wiederum die erkennbare Interessenlage des Eigentümers. Diese ist dadurch geprägt, dass er Auseinandersetzungen mit der Person, der er die Sachherrschaft eingeräumt hat, vermeiden will. Wäre das Sachersatzinteresse des Besitzers nicht geschützt, so wäre der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls genötigt, den Versicherer bei der Durchsetzung der auf diesen übergangenen Ansprüchen zu unterstützen, was zu einer erheblichen Belastung des Verhältnisses zum Besitzer führen kann. Zudem kann ihm am Schutz des Besitzers gelegen sein, weil er die Prämie (anteilig) auf diesen abgewälzt hat. Schließlich ist – vor allem bei Dauerschuldverhältnissen – das Interesse des Eigentümers hervorzuheben, eine Beeinträchtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Sachnutzers (z.B. Mieter) durch einen Regress des Versicherers zu vermeiden.
Demnach könne sich bei der Auslegung eines Sachversicherungsvertrags nach § 914 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) eine Einbeziehung des Sachersatzinteresses des Mieters in Form eines konkludenten Regressverzichts des Versicherers für leichte Fahrlässigkeit ergeben. Im vorliegenden Fall sei die dargestellte Interessenlage der Vermieterin bei Abschluss des Versicherungsvertrags erkennbar gewesen. In der Versicherungspolizze war ausdrücklich angeführt, dass es sich bei dem versicherten Gebäude um „Büro-, Geschäfts- und Gastronomiebetrieb, Wohnungen“ und damit um ein Mietshaus handelt. Der OGH hielt fest, dass ein redlicher Erklärungsempfänger daher darauf vertrauen durfte, dass die Klägerin jedenfalls auf Regressansprüche wegen leichter Fahrlässigkeit gegen jene Mieter, auf die ihre Versicherungsnehmerin ihre Prämien entsprechend des gewöhnlichen Verkehrs überwälzt, verzichtet.