Risikoausschluss bei Kletterunfall?

Versicherungsrecht
Dezember 2018


Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Nachdem der Kläger den Klettersteig der Schwierigkeitsstufe E, über den er aufgestiegen war, beim Ausstieg am Gipfel verlassen und eine Pause gemacht hatte, begann er den Abstieg über einen anderen (in beiden Richtungen begehbaren) – gut ausgetretenen und zu einem Wanderweg führenden – (Kletter‑)Steig der Schwierigkeitsstufe A/B, wo der Kläger verunfallte. Der Kläger verfügt über eine aufrechte Unfallversicherung und begehrte von der Versicherung diverse Leistungen aus dem Unfallversicherungsvertrag. Die Versicherung wies die Forderungen des Klägers mit der Begründung, dass der gegenständliche Unfall nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei, zurück.

Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht gaben der Klage Folge. Der OGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen und führte begründend aus, dass laut dem abgeschlossenen Unfallversicherungsvertrag Kletterunfälle – in der Halle und im Freien – als vom Versicherungsschutz umfasst gelten, sofern der Verunfallte die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen beachtet hat und der „Klettersteig die Schwierigkeitsskala D nicht übersteigt“. Die beklagte Versicherung vertrat die Ansicht, dass erst das Erreichen des Wanderweges die mit dem Durchsteigen der Klettersteige verbundenen Gefahren beendet und zum zeitlichen Ende des Risikoausschlusses geführt habe, weshalb auch der sich auf dem Verbindungssteig mit dem Schwierigkeitsgrad A/B ereignete Unfall vom Risikoausschluss umfasst sei. Der OGH erteilte dieser Auslegung durch die beklagte Versicherung eine Abfuhr. Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verstehe nämlich die vorliegende Bedingungslage klar dahin, dass bei einer Begehung mehrerer (Kletter‑)Steige im Zuge einer Wanderung, der sich nach dem Ausstieg aus einem Klettersteig über der Schwierigkeitsstufe D auf einem Klettersteig bis zu dieser Schwierigkeitsstufe ereignende Unfall jedenfalls vom Versicherungsschutz umfasst ist, noch dazu wenn er auch ohne Verwendung des Klettersteigs der Schwierigkeitsstufe E erreicht werden kann. Der vorliegende Unfall ist daher vom Versicherungsschutz umfasst.