Unterhaltsverwirkung durch Gewalt- und Morddrohungen
Eine vollständige Unterhaltsverwirkung setzt dabei regelmäßig den völligen Verlust des Ehewillens des unterhaltsberechtigten Ehegatten voraus. Dieser muss sich schuldhaft über alle Bindungen aus der ehelichen Partnerschaft hinweggesetzt haben. Entscheidend ist, ob der an sich Unterhaltsberechtigte aus eigenem Verschulden den Ehewillen weitgehend und dauernd aufgegeben hat. Ob ein Fehlverhalten eine Unterhaltsverwirkung rechtfertigt, ist dabei jeweils im Einzelfall zu beurteilen, wobei dem Gericht ein nicht zu enger Beurteilungsspielraum zusteht.
Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag zusammengefasst nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:
Zwischen den Streitparteien war seit 2019 ein Scheidungsverfahren anhängig, die Ehe ist inzwischen aus dem überwiegenden Verschulden der Frau geschieden. Der Ehe entstammen drei minderjährige Kinder. Im August 2019 teilte die Frau dem Mann – der seit 2018 schwer erkrankt war – per SMS mit, sich scheiden lassen zu wollen. Sie verließ vorübergehend die gemeinsame Wohnung, ließ die Kinder mit dem Kindermädchen allein und war für mehrere Tage nicht erreichbar. Der Mann fand die Kinder einige Tage später (nach Rückkehr von einer Geschäftsreise) ohne die Mutter vor. Die Frau hatte im Schlafzimmer eine „Installation“ hinterlassen, bei der sich ein Messer „eigenartig aufgebahrt bei den Bildern der drei Kinder befand“ und einer Statue eines Mädchens beim Hals angesetzt war. Die Frau schickte dem Mann in der Folge unzählige Kurznachrichten mit Gewalt- und Morddrohungen (etwa: „lebendig zerschneiden“, „Gedärme rausholen“, „lebendig alle Eingeweide herausnehmen“, etc.) und drohte ihm auch damit, seine Wohnung in Brand zu stecken und seine angebliche Freundin (eine außereheliche Beziehung des Mannes steht jedoch nicht fest) mit Säure zu überschütten. Die Frau griff den Mann auch tätlich an und attackierte dabei auch andere Personen. Sie verkaufte wertvolle Uhren des Mannes ohne seine Zustimmung und zerstörte u.a. seinen Plattenspieler sowie mehrere seiner Gemälde.
Die Frau begehrte vom Mann vorläufigen Unterhalt in Höhe von monatlich € 33.000,- ab Jänner 2020. Das Erstgericht wies den Antrag unter anderem deshalb ab, weil die Frau ihren Unterhaltsanspruch verwirkt habe. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Der im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurs angerufene OGH führt in seinem Zurückweisungsbeschluss aus, dass das das Rekursgericht zutreffend ausgeführt habe, dass das Verhalten der Frau jedes noch tolerierbare Ausmaß weit überschritten und sie sich über alle Bindungen aus der ehelichen Partnerschaft hinweggesetzt habe. Der Frau steht somit kein Unterhaltsanspruch (mehr) zu.