Verdienstentgang eines Selbständigen

Schadenersatzrecht
Februar 2023

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) ist der Geschädigte bei der Berechnung des Schadenersatzes für Verdienstentgang so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand (z.B. Unfall) nicht eingetreten wäre. Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, bei welcher der hypothetische Vermögensstand ohne schädigendes Ereignis mit dem tatsächlichen nach dem schädigenden Ereignis gegebenen Vermögensstand verglichen wird.

Dabei ist vom Nettoschaden auszugehen, weil dem Geschädigten vor dem Unfall auch nur die Nettoeinkünfte verblieben, also die um Steuer und sonstige Abgaben verminderten Bruttoeinkünfte. Vom hypothetischen Nettoverdienst, den der Geschädigte ohne den Unfall nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge erzielt hätte, ist der tatsächliche Nettoverdienst abzuziehen.

Dem Geschädigten müssen auch die Steuern und Abgaben ersetzt werden, die durch die Schadenersatzleistung selbst entstehen. Ziel ist, dass dem Geschädigten der sich ergebende Differenzbetrag (= Nettoschaden) ungeschmälert verbleibt. Nach § 32 Abs 1 Z 1 lit a Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) gehören zu den Einkünften iSd § 2 Abs 3 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen gewährt werden. Darunter sind auch Entschädigungen aus dem Titel des Verdienstentgangs zu verstehen.

Vor allem bei selbständig Erwerbstätigen bereitet die Differenzrechnung zur Ermittlung des eingetretenden Verdienstentganges oft Schwierigkeiten, zumal das Einkommen in den einzelnen Monaten oder auch Jahren oftmals schwankt und der Zeitpunkt der Leistungserbringung meist nicht mit dem Zeitpunkt der Realisierung des durch die Leistungserbringung erzielten Einkommens übereinstimmt.

Bei selbständigen Unternehmern wird der Verdienstentgang in der Regel nach Kalenderjahren berechnet. In einer kürzlich entschiedenen Rechtssache hat der OGH betreffend den Verdienstentgang eines Zahnarztes allerdings ausgeführt, dass bei einem selbständigen Unternehmer der Verdienstentgang in der Regel zwar nach Kalenderjahren berechnet wird, eine Berechnung auf Basis bestimmter Monate im Einzelfall allerdings sachgerechter sein könne, als eine (kalender-)jahresweise Betrachtungsweise, zumal bei einer jahresweisen Betrachtung die Schwankungsbreite des Deckungsbeitrags, die auf andere Ereignisse (z.B. Mehrarbeit) als das Schadensereignis zurückzuführen ist, wesentlich stärker zutage treten würde.

Zudem gehöre die Methodenwahl zum Kern der Sachverständigentätigkeit, zumal es Aufgabe des Sachverständigen sei, aufgrund der einschlägigen Fachkenntnisse jene Methode auszuwählen, die sich zur Klärung der nach dem Gerichtsauftrag jeweils maßgebenden strittigen Tatfragen am besten eignet.