Zur Ungültigkeit eines Testamentes „ohne Handzeichen“

Erbrecht
August 2023

Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) kennt mehrere, grundsätzlich gleichwertig nebeneinanderstehende Arten zulässiger letztwilliger Verfügungen, etwa eigenhändige Testamente, fremdhändige von einem Rechtsanwalt errichtete Testamente oder auch die öffentlichen Formen des gerichtlichen Testaments und des notariellen Testaments. Die einzuhaltenden Formschriften sind von der jeweiligen Errichtungsart abhängig.

Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Erblasser war bei der Testamentserrichtung schwer krank und aufgrund einer Lähmung der rechten Hand nicht in der Lage seine Unterschrift zu leisten. Der Notar errichtete daraufhin ein Testament ohne Handzeichen des Erblassers unter Einhaltung der hierfür vorgesehenen Formvorschriften. Die Gültigkeit des Testaments wurde in weiterer Folge aufgrund des fehlenden Handzeichens des Erblassers bestritten.

Das Erstgericht ging von einer Ungültigkeit des notariellen Testaments aus, weil die Formvorschrift des § 68 Abs. 1 lit. g Notariatsordnung (NO) nicht eingehalten worden sei. Das Rekursgericht qualifizierte die Verfügung hingegen als formwirksam und wies darauf hin, dass es dem Erblasser als Rechtshänder aufgrund seiner schweren Erkrankung und der Lähmung unzumutbar gewesen wäre ein Handzeichen zu setzen.

Der OGH konkretisierte in seiner Entscheidung, wann Schreibunfähigkeit des Erblassers vorliegt. Demnach liege eine solche nicht erst dann vor, wenn eine Unterschrift schlechthin unmöglich ist, sondern schon dann, wenn dem Erblasser eine Unterschrift nur unter solcher Anstrengung möglich wäre, dass es ihm billigerweise nicht zugemutet werden kann.

In Hinblick auf die nur unter bestimmten Voraussetzungen eröffnete Möglichkeit, an Stelle der Unterschrift auch ein Handzeichen zu setzen bzw. auch auf dieses zu verzichten, besteht keine Wahlfreiheit des Erblassers. Der eindeutige Wortlaut des § 68 Abs. 1 lit. g NO stellt auf das Vorliegen von Schreibunfähigkeit bzw. die Unfähigkeit, auch nur ein Handzeichen zu setzen, und nicht auf die Angaben der Partei gegenüber dem Notar ab. Mangels ausreichender Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass dem Erblasser auch die Setzung eines an sich möglichen Handzeichens unzumutbar gewesen wäre, ist das notarielle Testament aufgrund eines Verstoßes gegen § 68 Abs. 1 lit. g NO ungültig.