Zur Zulässigkeit von Servicegebühren bei Essenslieferanten

Allgemeines Zivilrecht
April 2025

Onlinelieferplattformen für Speisen und Getränke spielen im Alltag von Österreicherinnen und Österreichern eine immer größer werdende Rolle. Vor allem bedingt durch die während und nach der Corona-Pandemie steigende Nachfrage greifen Gastronomen immer mehr auf solche Onlinelieferplattformen zurück. Der Vorteil für den Kunden: die Bestellung und Bezahlung erfolgt im Regelfall ganz einfach über die vom Essenslieferanten zur Verfügung gestellte App oder Website. Gerade dies begründet wohl auch den Umstand, dass die Inanspruchnahme von Onlinelieferplattformen durch Gastronomen im Regelfall zur Ausweitung ihres Kundenstamms führt. Zur Selbstfinanzierung schreiben diese Onlinelieferplattformen dem Kunden häufig in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Servicegebühren vor.

In einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) befasste sich das Höchstgericht mit der Frage, inwiefern die Verrechnung solcher Servicegebühren durch die Betreiber von Onlinelieferplattformen überhaupt wirksam vorgesehen werden kann. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin ist ein nach § 29 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) klageberechtigter Verband. Die Beklagte ist Betreiberin einer Onlinelieferplattform. Über diese Plattform ermöglicht die Beklagte ihren Partnerbetrieben die Zubereitung und Lieferung von Speisen und Getränken aller Art sowie von sonstigen im Einzelhandel erhältlichen Produkten online anzubieten. Kunden wird die Möglichkeit gegeben, online ihre Bestellung abzugeben, wobei der Vertrag über den Erwerb der Speisen und der Getränke direkt zwischen dem Kunden und dem Partnerbetrieb, und nicht zwischen dem Kunden und dem Betreiber der Onlinelieferplattform zustande kommt. Die Beklagte nimmt sohin die Stellung eines Vertragsvermittlers ein, wobei für jeden Bestellvorgang nach den AGB des Plattformbetreibers dem Kunden eine Servicegebühr verrechnet wird. In der konkreten Klausel der Beklagten wird angeführt, dass die Servicegebühr dazu dient, den Service der Onlinelieferplattform zu verbessern, insgesamt die Bereitstellung einer großen Auswahl an Anbietern zu ermöglichen und einen kontinuierlichen Kundendienst sicherzustellen. Die genaue Höhe der Servicegebühr ist für den Kunden während des Bestellvorgangs einsehbar. Nach Abschluss des Bestellvorgangs wird das gesamte Entgelt für die bestellten Speisen und Getränke, die Liefergebühr und auch die Servicegebühr vom beklagten Betreiber der Onlinelieferplattform eingehoben, wobei für die bloße Nutzung der App selbst für den Kunden kein Entgelt anfällt. Die Klägerin begehrte auf der Grundlage einer von ihr erhobenen Verbandsklage die Unterlassung der Verwendung einer Servicegebühren vorschreibenden Klausel in ABG im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern, was von der Beklagten bestritten wurde. Der OGH führte im Rahmen der Klauselprüfung folgendes aus:

Trotz dessen, dass nach den AGB der Beklagten die Verrechnung der Servicegebühr zur Verbesserung der Online-Services, zur Bereitstellung einer größeren Auswahl an Anbietern und allgemein zur Sicherung eines funktionierenden Kundendiensts erfolge, handelt es sich bei der die Servicegebühr regelnden Klausel um eine solche, die das Entgelt des Kunden für die an ihn erbrachten Dienstleistungen festlegt. Dieser Umstand spielt insofern eine entscheidende Rolle, als eine Klausel, die sich auf das vom Kunden zu bezahlende Entgelt für die vom Betreiber der Onlinelieferplattformen erbrachten Hauptleistung bezieht, worunter das Zurverfügungstellen der Plattform für den Kunden fällt, gerade nicht dem Anwendungsbereich des § 879 Abs 3 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) und § 6c KSchG unterliegt. § 879 Abs 3 ABGB normiert, dass eine Klausel nur dann in Folge gröblicher Benachteiligung einer der Vertragsparteien unwirksam ist, wenn sich die Klausel nicht auf eine der beiden Hauptleistungen des zu Grunde liegenden Vertragsverhältnisses bezieht. Bei einer Servicegebühr handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten gerade nicht um ein Zusatzentgelt, sondern vielmehr um das von der Beklagten dem Kunden verrechnete Entgelt für ihre Hauptleistung. Gerade deshalb unterliegt die von der Klägerin beanstandete Klausel nicht der Klauselprüfung nach § 879 Abs 3 ABGB und kommt eine Teilnichtigkeit dieser Klausel wegen gröblicher Benachteiligung von Grund auf nicht in Betracht. Mit demselben Argument muss auch ein möglicher Verstoß gegen § 6c KSchG verneint werden, dessen Anwendbarkeit ebenso dadurch ausgeschlossen wird, dass es sich bei der eingehobenen Servicegebühr um keine Zusatzzahlung handelt. Nur in jenen Fällen, in denen neben dem für die Hauptleistung vereinbarten Entgelt für eine Zusatzleistung eine Zusatzzahlung zulasten des Verbrauchers vorgesehen wird, verlangt § 6c KSchG zur Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers.

Das Höchstgericht stellte weiters fest, dass die von der Klägerin beanstandete Klausel auch einer Geltungskontrolle nach § 864a ABGB und einer Transparenzkontrolle nach § 6 Abs 3 KSchG standhält. Gemäß § 864a ABGB unterliegen alle in AGB vorgesehenen Klauseln einer Geltungskontrolle. Hintergrund dieser Bestimmung ist, dass der Gesetzgeber objektiv ungewöhnliche und überraschende Klauseln in Verträgen hintanhalten möchte. In Anlehnung an das Berufungsgericht führte der OGH aus, dass es aber für einen Nutzer einer Onlinelieferplattform objektiv betrachtet weder überraschend noch ungewöhnlich sei, wenn der Betreiber der Onlinelieferplattform für seine Leistungen ein eigenes Entgelt in Form von Servicegebühren verlangt. Hinsichtlich der nach § 6 Abs 3 KSchG vorzunehmenden Transparenzkontrolle verneint das Berufungsgericht eine vermeintliche Unbestimmtheit und Intransparenz der die Servicegebühren regelnden Klausel vor dem Hintergrund, dass die konkrete Servicegebühr für den Kunden zumindest am Ende des Bestellvorgangs in genauer Höhe einsehbar sei. Auch der OGH schloss sich dieser Argumentationslinie an und verneinte unter Verweis auf eine im Jahr 2024 getroffene Entscheidung die Intransparenz der beanstandeten Klausel.

Der Revision der Klägerin wurde durch den OGH schlussendlich keine Folge gegeben. Einerseits unterliegen Klauseln in AGB, im Rahmen derer eine Verrechnung von Servicegebühren für den Kunden vorgeschrieben wird, keiner Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB und ist auch eine Anwendbarkeit von § 6c KSchG mangels vereinbarter Zusatzzahlung zu verneinen. Andererseits steht eine solche Klausel sowohl im Einklang mit den Anforderungen der Geltungskontrolle nach § 864a ABGB und den Anforderungen der Transparenzkontrolle nach § 6 Abs 3 KSchG, sofern zumindest während des Online-Bestellvorgangs für die Kunden die genaue Höhe der Servicegebühr ersichtlich ist.